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sächsischen Armee. Gegen Mittag vermochten die Preußen nicht mehr
Stand zu halten und begannen zurückzuweichen.
Jetzt wollte aber auch bei den Oesterreichern nicht alles nach
Wunsch in einander greifen. Die neuen Streitkräfte, welche die Lücken
auszufüllen bestimmt waren, trafen entweder gar nicht, oder viel zu
spät ein.“) Ferner zeigten die italienischen Truppen, die Venetianer,
viel zu wenig Ausdauer und streckten bei erster bester Gelegenheit
das Gewehr.
Auf einmal — es war in den Nachmittagsstunden — krachte
im Rücken der Oesterreicher und Sachsen Kanonendonner und zu ihrem
Schrecken sahen sie sich von zwei Seiten angegriffen. Der Kronprinz
von Preußen war nämlich mit einem neuen Armeecorps auf dem
Kriegsschauplatze erschienen. Jetzt war bei den Oesterreichern kein
Haltens mehr, alles löste sich in buntem Gewirre auf. Wer fliehen
konnte, floh. Unseren Sachsen, welche der Kronprinz befehligte, wurde
die ehrenvolle Aufgabe gestellt, den Rücken ihrer fliehenden Waffen—
brüder zu decken. Konnte sich die sächsische Armee nicht mit dem
Lorbeerkranze des Sieges schmücken, so doch mit dem Lorbeerkranze
des Heldenmuthes. Freund und Feind rühmten einstimmig mit großer
Anerkennung die außerordentliche Bravour unserer Landsleute.
Nach der Schlacht bei Königgrätz mußte die österreichische Armee
als völlig aufgelöst betrachtet werden, während sich das sächsische Heer
über Olmütz nach Wien zurückzog, wohin sich auch unser König begab.
Das Schlachtfeld bot ein grauenhaftes Bild des entsetzlichsten
Elendes und Unglückes dar. Auf den vor kurzem noch üppig wuchernden
goldnen Saatfeldern, die eine reiche Ernte versprachen, und jetzt
niedergetreten und von Pferdehufen und Wagenrädern vollständig
zerstampft und zermalmt waren, lagen über 6000 todte Krieger, die
wenige Tage vorher als lebensfrohe, gesunde und thatkräftige junge
Männer der Schlacht in Siegeshoffnung entgegengesehen hatten.
Mehr als doppelt so groß war die Zahl der Verwundeten, welche
durch die furchtbaren Wirkungen der Geschosse, der Hieb= und Stich-
waffen zum Theil auf die gräßlichste Weise zerstümmelt, unter qual-
vollen Schmerzen jammernd, liegen bleiben mußten, bis ihnen Hilfe
geleistet wurde. Mitten unter diesen todten und verwundeten Kriegern
lagen viele Hunderte von todten und verletzten Pferden, zerschossene
Kanonen und Wagen, Feldgepäck, weggeworfene Tornister und Waffen
aller Art. Ringsum in weitem Kreise rauchten die Trümmer vieler
in Brand zerschossenen Häuser, deren Bewohner, obdachlos und aller
ihrer Habe beraubt, verzweifelnd umherirrten. In die Hände der
*) Wie weit eine Verschuldung seiten der Generale vorlag, kann hier
nicht erörtert werden. Soviel ist aber gewiß, ein Friedrich II., ein Napoleon I.
würden die strengste Untersuchung eingeleitet haben. Wehe dann den Schuldigen!
Geschichte Sachsens. 30