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Durch sogenannte „schlagende Wetter“, d. h. durch Explosionen ent-
zündeter Gase, durch „böse Wetter“, d. h. durch Ansammlung er-
stickender Gase, durch verunglücktes Sprengen des Gesteins mit Hilfe
des Pulvers, durch Verschüttungen und dergl. sind schon Tausende
von Bergleuten schwer verletzt oder auch getödtet worden. Von einem
derartigen großen Unglücksfall weiß Altenberg zu berichten, wo in
einem Augenblicke 24 Bergleute vergraben wurden. (Seite 178.)
Ein weit größeres Unglück ereignete sich aber am 1. Juli 1867 in
Lugau zwischen Lichtenstein und Stollberg.
Zur Gewinnung von Steinkohlen hatte der Zwickau-Lugauer
Steinkohlenbau-Verein hier einen Schacht von bereits 525 m Tiefe
unter dem Namen „Neue Fundgrube“ anlegen lassen. Dieser Schacht
stürzte am genannten Tage vormittags 10 Uhr zusammen und ver-
schüttete 102 Arbeiter, welche sich wahrscheinlich in einer Tiefe von
466 m befanden. Wie durch ein Wunder entkamen 3 Arbeiter
dieser Verschüttung. Durch ein verdächtiges Knattern der Schacht-
hölzer aufmerksam gemacht, suchten sie sich eiligst zu retten, was
ihnen auch gelang.
Außer der allgemeinsten Theilnahme, welche dieses entsetzliche
Unglück fand, bejammerten besonders 44 Frauen, 1 Braut und
137 Kinder die Verunglückten.
Da in der Nacht vom 2. zum 3. Juli allein ein sechsmaliges
Nachstürzen von Gestein stattfand, da sich ferner auf der Bruchstelle
Wasser ansammelte, so stellten sich den sofortigen Rettungsversuchen
unübersteigliche Hindernisse entgegen. Noch mehr: Das wiederholte
Nachrollen der Erdmassen wurde für die mit der Rettung Beschäftigten
höchst lebensgefährlich. Es sah sich daher die Regierung genöthigt,
von bergbaukundigen Männern in reifliche Erwägung ziehen zu lassen,
auf welche Weise die Rettung der Verunglückten bewerkstelligt werden
könne. Nach eingehenden Erörterungen gelangten diese zu der traurigen
Ueberzeugung, daß die Rettungsversuche zu keinem Ziele führen könnten,
daß man vielmehr neues Menschenleben der größten Gefahr aussetzen
würde. Die Regierung hat die Gründe, warum man die weiteren
Rettungsversuche eingestellt, öffentlich bekannt gemacht.
Kaum waren die Thränen der jammernden Witwen und Kinder
etwas gestillt und kaum war der Noth durch eingegangene Unter-
stützungen aus allen Gegenden Deutschlands einigermaßen Abhilfe
wiederfahren, da brach am 19. August 1867 ein neues schweres
Unglück über eine arme Gebirgsstadt — Johann-Georgenstadt —
herein.
Vormittags ½10 Uhr schlug aus einem Hause am Markte eine
Feuerflamme empor. Mit rasender Schnelligkeit griff das gefräßige
Element um sich. Nach 2½ Stunden wogte ein unabsehbares Feuer-
meer über der Stadt, und nach ungefähr ebensoviel Zeit lagen