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Krankheit dahin, Tausende wurden zeitlebens elende Krüppel, Tausende
verloren Hab und Gut. Niemand ist aber im Stande, das Elend und
die Noth zu schildern, welche der Krieg in den früheren Zeiten über
die Länder verbreitete. Jetzt kämpft der Feind gewöhnlich mit dem
Feinde so lange, bis ein Theil unterliegt; jetzt werden wohl auch
hoffnungsreiche Saaten niedergetreten, Dörfer und Städte belagert
und niedergeschossen, um den Feind daraus zu verdrängen; jetzt sind
wohl auch schwere Kriegskosten aufzubringen und manche andere
drückende Lasten zu tragen — indes man mordet doch nicht Unschul-
dige, legt Städte und Dörfer nicht muthwillig in Asche und ver-
nichtet nicht geradezu und ohne allen Grund das Eigenthum der Ein-
wohner. Mit Einem Worte, die Krieger sind jetzt menschlicher.
Wie ganz anders sah es in dieser Hinsicht in früheren Zeiten
aus. Wehe dem Lande, in welches ein Feind eindrang. Da glühte
der Himmel des Nachts von brennenden Städten und Dörfern blutig-
roth, da wurde zerstört und vernichtet, was die geängsteten Ein-
wohner mühsam erworben hatten, da wurden oft Alt und Jung,
selbst die schwächsten Greise und kleinsten Kinder, ohne Gnade und
Barmherzigkeit niedergestoßen. Die meisten Krieger hörten auf,
Mensch zu sein, sie wurden blutdürstige Tiger. Das waren Zeiten
der Rohheit, in die sich wohl niemand zurücksehnen wird.
Solche Krieger, oder besser gesagt, solche Räuber, waren die
Hussiten, welche unbeschreibliches Elend über unser Vaterland ge-
bracht haben. Im Jahre 1429 drangen sie unter ihrem Anführer
Prokop zum ersten Male von Böhmen her in Sachsen ein. Wie
Heuschrecken fielen sie über die Gegend von Pirna und Dippoldis-
walde her und verwandelten alles in eine Einöde. Dann drangen
sie in die jetzige Neustadt (damals Altstadt) von Dresden und legten
sie in Asche. Hierauf setzten sie ihren Raubzug der Elbe entlang fort.
Eine reichliche Stunde von Meißen erreichten sie Scharfenberg.
Hier wurde, wie bei Freiberg, bedeutender Bergbau getrieben, wovon
man heute noch die deutlichsten Spuren bemerkt. Was machten die
Hussiten? Sie verschütteten sämmtliche Gruben.
Später wurden die Gruben zwar wieder in Gang gebracht,
jetzt ist aber der Bergbau wieder eingestellt und auf den verfallenen
Gruben erhebt sich ein Dorf, das gleichsam zur Erinnerung an die
Zeiten des Bergbaues den Namen „Gruben“ führt.
Nun rückten die Hussiten nach Meißen vor. Der befestigten
Stadt konnten sie nicht viel anhaben, sie zerstörten nur die Vor-
städte, desto schlimmer hausten sie aber in der Umgegend und na-
mentlich in den Weinbergen, die sie, wie es schon in der Dresdener
Gegend geschehen war, vernichteten. Nun kam die Reihe an Riesa,
Strehla u. s. w., welche Städte in Aschenhaufen verwandelt
wurden.