er einer in seiner Nähe schlafenden alten Hofdame zu: „Ach, Kunz
von Kaufungen ist da und will uns umbringen! Sagt es gleich
unserer Frau Mutter, daß sie uns helfe!“ Kunz erhob sein blitzendes
Schwert und drohte dem Prinzen, ihn augenblicklich zu erstechen,
sobald er um Hilfe schreie oder überhaupt Lärm mache, während ihm
kein Leid geschehen solle, sobald er ihm ruhig folge. Ohne Weiteres.
ergriff er den Prinzen, führte ihn zur Treppe hinab auf den Schloß-
hof, und ein Gleiches sollten die anderen Ritter mit dem zwölf-
jährigen Prinzen Albert thun.
Mit den Prinzen wurde am kurfürstlichen Hofe ein junger Graf
von Barby erzogen, welcher in demselben Gemache schlief. Statt des
Prinzen ergriffen die Räuber diesen Grafen und führten ihre Beute
ebenfalls auf den Schloßhof. Augenblicklich erkannte Kunz die Ver-
wechselung. Er übergab den Prinz Ernst den Rittern Mosen und
Schönfels, brachte den Grafen wieder in sein Schlafgemach zurück
und holte Prinz Albert, der sich in seiner Angst unter das Bett ver-
steckt hatte. Inzwischen war die unglückliche Mutter, die Kurfürstin
Margaretha, von dem Lärmen erwacht. Da sie die Thür ihres
Zimmers verschlossen fand, eilte sie an das Fenster, erblickte zu ihrem
Schrecken ihre Söhne in Kunzens Gewalt und rief ihm in ihrer
Herzensangst zu: „Lieber Kunz, thue nicht so übel an mir und meinem
Herrn, schone meine Kinder und es sollen alle deine Sachen gut
werden.“ Kunzens Herz blieb aber hart wie der Stein, den seine
Rosse stampften.
Um auf der Flucht jedes Aufsehen zu vermeiden, wollte man
verschiedene Wege einschlagen. Kunz, von Schweinitz und sechs Knappen
begleitet, wollte mit Prinz Albert von Altenburg aus gerade in süd-
licher Richtung Böhmen zueilen, während Mosen und Schönfels mit
dem Prinzen Ernst die Zwickauer Gegend und das Voigtland auf
ihrer Flucht berühren sollten. Die Räuber nahmen die Prinzen vor
sich aufs Pferd und eilten im wilden Galopp hinaus in die Nacht,
deren dunkle Schatten vor den Augen der Welt verbergen sollten,
was das Tageslicht zu scheuen hatte.
Welch ein trauriges Bild bot jetzt das Schloß zu Altenburg dar!
Der Kurfürst war in Leipzig, die Prinzen entführt und die vom
Schmerz niedergebeugte Kurfürstin allein! Jetzt galt es aber, sich
nicht dem Schmerze zu überlassen, sondern alle Mittel zur Rettung
der Prinzen in Bewegung zu setzen. Auf schnaubenden Rossen flogen
Eilboten nach Leipzig, um den Kurfürsten von dem Vorgefallenen
in Kenntniß zu setzen. Nach allen Richtungen hin eilten berittene
Leute, um die Spur der frechen Räuber zu erspähen. Sturmglocken
ertönten, um die Trauerkunde durch das ganze Land zu tragen. Keine
Spur wurde entdeckt. Die freche That schien gelungen zu sein, aber
im Rathe Gottes war es anders beschlossen.