Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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c) Rettung der geraubten Prinzen.“) 
Kunz hatte mit seiner theuern Beute den dichten Wald zwischen 
Elterlein und Grünhain glücklich erreicht. Böhmens Grenze war 
nicht mehr fern, und Kunz hielt sich nun für sicher. Der schnelle Ritt 
in der glühenden Julisonne hatte nicht blos die schnaubenden Rosse, 
sondern auch den abgehärteten Ritter mit seinen Begleitern ermüdet. 
Vor allem klagte der von Angst aufgeregte Prinz über brennenden 
Durst. Im kühlen Schatten des Waldes machte Kunz Halt, um ein 
wenig zu verschnaufen, wandelte ihn doch, seinem Ziele so nahe, nicht 
die geringste Besorgniß mehr an. Er entließ sogar, mit Ausnahme 
des Knappen Schweinitz und eines Knechtes, seine übrigen Begleiter, 
welche die nahe Grenze Böhmens überschreiten und ihn auf seinem 
Schlosse erwarten sollten. Dem Prinzen gestattete er, sich mit Erd- 
beeren zu erquicken, und er selbst streckte seinen müden Leib auf die 
weiche Moosdecke. 
So ganz menschenleer war aber der Wald nicht, wie Kunz 
geglaubt. In einiger Entfernung saß ganz unbemerkt ein armer 
Kohlenbrenner, Namens Georg Schmidt, um seinen Appetit an 
seinem frugalen Mittagsbrot zu stillen. Neben ihm ruhte sein treuer 
Hund, der plötzlich aufsprang und den Berg hinablief. Der Köhler 
folgte ihm, um zu sehen, was es gäbe. Da erblickte er zu seiner 
nicht geringen Verwunderung stattliche Leute, wie er sie in dieser 
Waldeinsamkeit noch nie gesehen. Sie erregten seine ganze Auf- 
merksamkeit; möglich, daß auch das Geheul der Sturmglocken sein Ohr 
berührte. Ueberdies war ihm auch schon eine dunkle Kunde von dem 
in Altenburg Vorgefallenen zugegangen. Sein Lehrbursche, Urban 
Schmidt, aus der Stadt zurückgekehrt, hatte ihm mitgetheilt, daß er 
gehört, in Altenburg sei ein „großer Raub“ ausgeführt worden. 
Georg Schmidt näherte sich dem Ritter und fragte ihn: „Von wannen 
kommst Du und wohinaus willst Du mit diesem Knaben?“ Kunz 
antwortete gleichgiltig: „Es ist ein böser Bube, der seinem Herrn 
entlaufen ist, dem ich ihn nun wieder zuführen muß.“ Diese Worte 
erregten Schmidts Argwohn noch mehr. Er suchte sich dem Prinzen 
zu nähern, und dieser flüsterte ihm zu: „Ich bin ein Prinz von 
Sachsen, rette mich, mein Vater wird Dir's gut vergelten!“ Schweinitz 
hielt alles für verrathen und wollte den Prinzen mit seinem Schwerte 
niederhauen, aber Georg Schmidt hielt diesen Streich mit seinem 
Schürbaum auf und hetzte seinen Hund auf den Knappen. Jetzt 
*) Ich folge hier mit Angabe der kleinsten Vorfälle der gewöhnlichen 
Darstellung der Rettung der Prinzen, obwohl mit Gewißheit angenommen 
werden muß, daß einzelnen Umständen im Laufe der Zeit Ausschmückung 
beigesellt und daß manche Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten als aus- 
gemachte Thatsachen hingestellt worden sind. 
Geschichte Sachsens. 5
	        
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