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Anfangs hielten es Viele für unmöglich, in dieser Wildniß eine
Stadt begründen zu können; allein fester Wille vermag viel aus-
zurichten und die größten Hindernisse zu beseitigen. Am 21. Sep-
tember 1496 legte man in feierlicher Weise den Grundstein zur „neuen
Stadt am Schreckenberge“, die fünf Jahre später (von Georg dem
Bärtigen) den Namen Annaberg erhielt. Schon nahten bei der
Grundsteinlegung rauhe Herbststürme, die den nahen Winter an-
kündigten, der in jener Gegend damals noch länger anhielt, als jetzt;
aber dies machte jene Leute nicht muthlos. In dem dichten Walde
knarrten Sägen, und die Schläge der Holzaxt hallten wieder. Jahr-
hunderte alte Bäume stürzten unter furchtbarem Krachen zu Boden,
welche Zimmerleute zu Bauholz bearbeiteten, und als laue Frühlings-
lüfte wehten, erhob sich ein Haus nach dem andern; die „wilde Ecke"
wurde allmählich eine angebaute Ecke. —
Die Blüte dieser neuen Stadt sollte der Herzog nicht erleben.
Diesem rüstigen, kräftigen Manne war kein hohes Lebensalter be-
schieden. Als ein neues Jahrhundert eintrat und man die Jahreszahl
1500 schrieb, wurde dieser Held, entfernt von seiner Heimat, im
58. Lebensjahre aus dieser Zeitlichkeit abgerufen. Wahrhaft prunk-
voll waren die Begräbniffeierlichkeiten, welche nach der Bei-
setzung seiner Leiche veranstaltet wurden. Herzog Albrecht hatte
den Wunsch geäußert, einst bei seinen Vorfahren im Dome zu Meißen
beigesetzt zu werden. Am 12. September 1500 war er (in Emden) “)
gestorben, am 11. Oktober wurde der einbalsamirte Leichnam bei-
gesetzt und am 25. Januar 1501 erfolgten die eigentlichen Begräbniß-
feierlichkeiten.
Um diese so glänzend als möglich auszuführen, erging fast an
alle Fürsten Deutschlands, an viele Grafen, Herren und Ritter, an
mehrere Bischöfe und Aebte, an ungefähr 600 andere Geistliche und
an Mönche die Einladung, der Feierlichkeit beizuwohnen. Meißen
sah an diesen Tagen in seinen Mauern eine Menschenmasse, eine
Pracht und Herrlichkeit, wie wohl nimmer wieder. Früh 4 Uhr be-
gann die Feierlichkeit im Dome mit einer prunkvollen Messe. Hierauf
verfügte man sich in die Sanct Afrakirche, in der eine Leichenpredigt
gehalten und eine Messe gelesen wurde, und nun ordnete sich der
eigentliche Trauerzug, welcher sich hierauf langsam nach der Dom-
kirche bewegte. Voran schritten zehn Ritter, welche eine Bahre (ohne
die Leiche) trugen, und dann folgten in endlosem Zuge die Fürsten,
Herzöge, Grafen, Ritter, Geistliche und Mönche. Im Dome erhob
sich eine zweite Bahre, welche 114 silberne Kronleuchter umstanden,
von denen ein die Augen blendendes Lichtmeer herabstrahlte. Im
Innern des erhabenen Gotteshauses angelangt, bewegte sich der Zug
*) Herzog Albrecht war auch Erbstatthalter in den Niederlanden.
Geschichte Sachsens. " 6