Full text: Die Verfassungsurkunde für den preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

4 Die Verfassungsurknude für den preußischen Staat. 
4. die Wirksamkeit der Landesrepräsentanten erstreckt sich auf alle 
Gegenstände der Gesetzgebung, welche die persönlichen und Eigen- 
tumsrechte der Staatsbürger, mit Einschluß der Besteuerung, 
betreffen; 
5. es sol eine Kommission zusammentreten, welche sich mit der 
Organisation der Provinzialstände, der Organisatton der Landes- 
repräsentation und der Ausarbeitung einer Verfassungsurkunde 
beschäftigen soll. 
Die Kommission trat nie zusammen und die Nationalrepräsentation 
wurde nicht eingeführt. Wohl aber wurde durch die Kabinettsorder 
vom 17. Januar 1820 über die Verwaltung der Staatsschulden die 
Hauptverwaltung der Staatsschulden verpflichtet, der künftigen ständischen 
Versammlung jährlich Rechnung zu legen. Dabei wurde gleichzeitig 
bestimmt, daß neue Anleihen nicht ohne Zuziehung der Stände gemacht 
werden sollten. — Damit war den Ständen eine entscheidende Stimme, 
wenn auch in einem sehr eng begrenzten Umfange, eingeräumt. 
Eine besondere Vertretung für die einzelnen Provinzen wurde 
durch das Gesetz wegen Anordnung der Provinzialstände vom 5. Juni 
1823 angeordnet und durch die Gesetze vom 1. Juli 1823 (für Branden- 
burg, Niederlausitz, Preußen, Pommern und Rügen) und vom 27. März 
1824 (für Schlesien, Sachsen, Rheinprovinz, Westfalen und Posen) 
eingeführt. 
Diese aus den mediatisierten Fürsten und Standesherrn und aus 
den Abgeordneten der Ritterschaft, der Städte und der Landgemeinden 
zusammengesetzten Provinzialstände waren berufen, Entwürfe von die 
Provinzen angehenden Gesetzen zu beraten, das spezielle Interesse und 
Wohl der Provinz betreffende Bitten und Beschwerden an den König 
gelangen zu lassen und die Kommnnalangelegenheiten der Provinz zu 
regeln. 
Das Volk stand der Tätigkeit dieser Provinzialstände gleichgültig 
gegenüber. 
Nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. wurde 
den Ständen ein größerer Wirkungskreis eröffnet. Die zur Huldigung 
des neuen Königs in Königsberg versammelten Stände von Ost= und 
Westpreußen baten in der berühmten Denkschrift vom 7. September 
1840 nicht um Bestätigung ihrer besonderen Privilegien, sondern um 
Einführung einer allgemeinen Landesvertretung, wie sie in der Ver- 
ordnung vom 22. Mat 1815 zugesagt war. Der König versprach im 
Landtagsabschiede nur, die verliehene Provinzial= und kreisständische 
Verfassung zu pflegen, und trat in der Kabinettsorder vom 4. Oktober 
1840 der irrigen Auffassung entgegen, als ob er damit für die Be- 
willigung einer Landesverfassung im Sinne der Denkschrift sich aus- 
 
	        
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