Die ostelbischen Slawen. 63
Williner und Doxaner'). In der Mitte der Sorben waren die Haveller im
Havellande wohnhaft, mit ihrer Hauptstadt Brennabor“'), und die Lubusier
zwischen Spree und Oder. Südlich davon hatten die Koleditschen Anhalt
besetzt, die Daleminzier Meißen, die Lausitzer („Bewohner des Feuchten“)
die Oberlausitz, die Mielziner und Nisaner dagegen die Niederlausitz. —
Sehr ausgedehnt war auch der fünfte Hauptstamm, die Obotriten oder
Bodrizer „die Tüchtigen") #, die die Länder westlich von dem Gebiete der
Welataben innehatten, also das jetzige Mecklenburg-Schwerin und dann
das Warerlands), Wagrien. Sie besaßen einen Mittelpunkt in dem Orte
Rarog, an der Stelle des heutigen Amtes Mecklenburg, eine Meile südlich
von Wismar und drei Meilen nördlich von Schwerinff). Die östlichste Völker-
schaft dieses Stammes waren die Warnaber an der Warnow. Dann kamen
die Obotriten im engeren Sinne zwischen der Warnow und den Seen um
Ratzeburg. Westlich von ihnen saßen die Polaben und Warerfft), nach
welchen letztern Ostholstein benannt wurde. Südlich von diesen Völker-
schaften waren an der unteren Elbe Linnonen und Smeldinger wohnhaft,
die aber schon im 10. Jahrhundert verschollen.
Fast alle diese Landstriche waren wohl angebaut und von dichter Be-
völkerung besetzts). Sowie daher die Deutschen wieder einigermaßen zur
Ruhe gekommen waren, strebten sie nach dem Rückgewinne dieser frucht-
baren Ostseeländer. Noch ein anderes Motiv trieb sie mächtig zum Kampfe
gegen die Slawen an, die Religion. Christliche Missionäre arbeiteten ebenso
durch die Gewalt des Wortes, wie die Fürsten mit der Kraft des Schwertes
an der Auflösung und Germanisierung dieser slawischen Völker. Es war nicht
nur Beute und Tribut bei den Ungläubigen zu holen, ihre Bekehrung war
auch ein frommes, gottgefälliges Werk, ihre Bekehrung — oder Ausrottung.
Schon Karl der Große hatte die Obotriten in das Verhältnis unter-
geordneter Verbündeter gezwungen und mit ihrer Hilfe in mehreren Kriegs-
zügen die Wilzen unterworfen. Aber da Ludwig der Fromme diese Ostsee-
slawen nicht hinreichend vor den Angriffen der Normannen schützen konnte, (812)
sielen sogleich die Wilzen, bald auch die Karl stets treu gebliebenen Obotriten (819)
ab. Gegen das Ende von Ludwigs Regierung taten die Obotriten, Linnonen,
Wilzen und Sorben einen großen, gemeinsamen Einfall in die sächsische Mark (838)
und brannten dort mehrere Weiler nieder, ohne daß sie wegen dieser Räu= (843)
bereien bestraft worden wären. Nach dem Teilungsvertrage von Verdun
fiel ihre Bekämpfung dem Reiche Ostfranken anheim.
*) Kanngießer, Pommern, S. 24.
*#) Widuk. II, 21.
*#½%) Shaahferi. Slav. Altert., II, S. 588.
4) Siehe S. 55.
ff) Sr i tzo w, Versuch einer pragmatischen Geschichte von Mecklenburg, I, S. 25.
— Schaffarik
f) L. Gie a e *5 recht, Wendische Geschichten aus den Jahren 780—1182, I, S. 10.
4) S. Krit. Erört., I i.