Full text: Leitfaden der Preußischen Geschichte.

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herrliche Genehmigung erbliche Grundstücke verkaufen, sich ver— 
heiraten und fortziehen. Zugleich zerbrach dies Gesetz die hem— 
menden Schranken zwischen den Ständen, welche bisher dem 
Edelmann und dem Bauer das bürgerliche Gewerbe, dem Bürger 
den Landbau verwehrt hatten. Darauf hob der König (durch Ver- 
fügung vom 28. Oktober 1807) auf seinen eigenen Landgütern 
(Domänen) alle Leibeigenschaft und Fronen auf und verlieh 
(27. Juli 1808) allen Insassen — zuvörderst im eigentlichen 
Preußen — ihre Grundstücke als freies Erbeigentum. Durch 
diese großmütige That schuf er dort auf einem Gebiet von 195 
Quadratmeilen 47000 freie Bauernhofsbesitzer. So begann er 
dem Bauernstand zur Freiheit auch den Besitz zu geben. 
Sodann wurde auch ein freies Bürgertum geschaffen. 
Durch die Städteordnung vom 19. November 1808 erhielten 
die Städte das Recht, ihre Angelegenheiten (die Gemeindelasten, 
Kirchen= und Schulsachen, Armenpflege, Bauwesen, Polizei) selbst 
zu verwalten. Die Bürger wählten die Stadtverordneten, diese 
den Magistrat, welcher ausführte, was die Stadtverordneten be- 
schlossen; der König behielt sich nur die Oberaufsicht und das 
Recht, den Magistrat zu bestätigen, vor. 
Auch die obere Staatsverwaltung ordnete Stein ganz 
neu; er beseitigte die geheime Kabinettsregierung und vereinigte 
alle Zweige der Verwaltung im Ministerium. Der König bestätigte 
diese Einrichtung durch Verordnung vom 24. November 1808. 
Durch äußerste Sparsamkeit, in welcher der König mit 
rühmlichem Beispiel voranging, und durch Verkauf vieler 
Domänen gelang es, die Summen aufzubringen, die Napoleon 
für die Räumung des Landes forderte; am Ende des Jahres 
1808 zogen die Franzosen endlich ab. 
Der nächste Zweck der Steinschen Reform war, den preu- 
Kischen Staat stark und geschickt zu machen zu einem neuen Kriege, 
um das Joch Napoleons zu brechen und die alte Größe wieder- 
zugewinnen. Gleich nach dem Frieden setzte daher der König eine 
Kommission ein zur Untersuchung und Verbesserung des Heer- 
wesens. Dieselbe bestand aus den tüchtigsten Offizieren der 
Armee, v. Gneisenau, v. Grolman, v. Boyen; an ihrer 
Spitze aber stand der General Gerhard Scharnhorst (geb. 
12. Nov. 1755 zu Bordenau in Hannover), ein Kriegslehrer von 
großen, tiefen Gedanken und stiller, unerschütterlicher Ausdauer. 
Er gründete eine neue Wehrverfassung. Das ganze Volk
	        
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