45 —
Dieser Kampf bedarf der begleitenden Worte nicht mehr.
Die Ziele stehen fest.
Aber der Geist, der aus diesem Austausch von beiderseitigen
offiziellen Kundgebungen spricht, bedarf der zusammenfassenden
Würdigung.
Eine solche wırd im folgenden versucht, nicht um ein letztes
Urteil zu fällen, diese Aufgabe wird spätere Geschichtsschreibung
erfüllen, sondern um im großen Augenblick dem großen Geschehen
eine Stimme zu leihen. Dies geschieht hier in der Ueberzeugung,
daß der doppelte Notenwechsel unter den Kriegführenden und
zwischen diesen und den Neutralen nicht nur als der bedeutsamste
diplomatische Wortwechsel seit Beginn dieses Krieges, sondern
zugleich als ein kulturgeschichtliches Wahrzeichen erster Ordnung
für alle Zeiten aufbewahrt zu werden verdient. Die beiden großen
kulturgeschichtlichen Strömungen, welche das politische Leben
Europas und der ganzen Welt seit Jahrzelinten, bald offen her-
vortretend, bald im Geheimen wirkend, beherrschen, treten hier
mit einem Male für kurze Zeit in eine flammende Berührung und
stoßen sich ab, während die Völker Europas und mit ihnen die
ganze Welt mit einer nie gekannten Spannung dem Ausgang des
größten Waffenganges in der Weltgeschichte entgegenharrt.
Macchiavell und Antimacchiavell! England, der-Erbe der antiken
Weltherrschaftsidee, die sich in kürzester Formel als „Herrschaft
über alle um jeden Preis und mit allen Mitteln®* ausdrücken läßt,
England an der Spitze der beiden von ihm für diesen Zweck ge-
bändigten Mächte Rußland und Frankreich und 7 weiterer Hilfs-
völker lehnt nach einem Waffengang von 2’/a Jahren das Frie-
densangebot ab, welches der siegreiche deutsche Kaiser mit seinen
Verbündeten als Vertreter einer höheren Machtidee, als die per-
sönlich gewordene wahre Liebe zum Frieden und seinen Mensch-
heit fördernden Segnungen zum Heile der blutenden Welt pe-
macht hat.
Wie Macchiavellis politische Lehre, von der romanische und
englische Staatskunst aus den Quellen des Altertums ihre Grund-