Full text: Das Friedensangebot der Mittelmächte.

_ 47 — 
Die englische Note ist die Blüte der Verstellung und Ent- 
stellung. Doch ehe wir dies beweisen, seien vorweg einige ein- 
fache und für den Nichtmacchiavellisten ganz selbstverständliche 
Zugeständnisse gemacht. Wer ohne den Umschweif einer hoch- 
getriebenen Ueberschwänglichkeit alsbald nach dem Erscheinen 
der deutschen Note, die wir auch nur der Kürze halber so nennen 
wollen, über die Sache nachdachte und sich auf den Standpunkt 
des Gegners, der nun zu antworten hätte, für diesen Zweck ein- 
mal ganz objektiv oder richtiger gesagt, gegen den eigenen Stand- 
punkt stellte, der mußte sich sagen: Dem Gegner bereitet die 
Note einige Verlegenheit, wenn er den Frieden nicht haben will, 
sie bereitet ihm noch größere Verlegenheit, wenn er den Frieden 
baben will. Daß nämlich alle Völker den Frieden haben wollen, 
darüber ist kein Wort zu verlieren. Den besten Maßstab für diese 
Erkenntnis liefern denen, die nicht leicht den Willen der Völker 
verstehen, die Menschen, mit denen sie selbst aufrichtig zu reden 
gewohnt sind. Ich glaube, es ist nicht nötig, die Friedenssehn- 
sucht aller Völker zu beweisen. Man frage nicht die in Waffen 
stehenden, denen durch die Tatsache des Krieges selbst anstelle 
des Begriffs Friede der Begriff Sieg in die Seele geprägt ist; 
sie haben den Krieg und wollen den Sieg, das ist ihre einfache 
Logik, die nieht widerlegbar ist, solange Krieg ist. Aber man 
frage die andern — sie wollen alle, sofern sie nicht gleichgültig 
sind oder die Pistole auf die Brust gesetzt bekommen, den Frie- 
den. Das weiß auch England und das wissen auch seine Verbündeten, 
auch der kriegerischste unter ihnen, Frankreich, weiß es. Und das 
ist ihre erste Verlegenheit. Denn nun ward das Wort Friede zum 
erstenmal von berufener Seite ausgesprochen und hatte sich zu 
greifbarer Gestalt verdichtet. Der Friede war angeboten. Durch 
alle Völker der Welt ging ein heißer Strahl von Hoffen, am. 
heißesten empfanden ihn die Völker der okkupierten Länder, die 
seit 21/2 Jahren den Krieg auf dem Nacken sitzen haben, dann 
die Völker unter den Kriegführenden, die sich bisher nur wenigen 
oder keines Erfolges erfreuen konnten, am wenigsten erwärmten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.