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Wiederherstellungen werden vielleicht dereinst das einzig Disku-
table an dem ganzen Register sein, selbstverständlich unter Aus-
scheidung Polens, dessen wiedergeschaffene Selbständigkeit die
einzige positive Schöpfung dieses Krieges ist. Daß Polen in so
jugendlichem Alter schon Selbstmordgedanken zugänglich sein
werde, ist nicht wohl anzunehmen. Im übrigen werden die Räu-
mungs- und Wiederherstellungswünsche, die auf eine völlige
Ueberlassung des gesamten Kriegstheaters durch die siegreichen
an die besiegten Waffen hinauslaufen, in das Bereich des Mög-
lichen nur nach Maßgabe der Bereitschaft der Besiegten zu solchen
Gegenleistungen und Zugeständnissen an den Sieger rücken, welche
geeignet sind, dessen unverkürzten territorialen Bestand und freie
wirtschaftliche Entwickelung für die Zukunft zu sichern. Solange
von solcher Bereitschaft auch nicht der entfernteste gute Wille
zu spüren ist, wird die Hand des Siegers im aufgezwungenen
Kampfe behalten, was sie inne hat und was von ihr in mühe-
volle Pflege genommen und vor dem Elende des Krieges so weit
als möglich bewahrt worden ist.
Ueberblicken wir noch einmal die beiden Gruppen von be-
sonderen Forderungen.
Es wird niemand entgangen gein, wie grotesk die Zusammen-
stellung der beiden Gruppen von besonderen Forderungen auf einen
ruhig beobachtenden Verstand und auf ein durch Kriegsleiden-
schaften nicht getrübtes Urteil wirken muß. Man fordert
Räumung und Wiederherstellung im Kriege okkupierter Länder
und gleichzeitig weit darüber hinaus Hergabe eigener Landesteile
und Auflösung geschichtlich gewordener Staaten und Reiche.
Kann man denn, so lange man den Feind, den man zum Kriege
gezwungen und den man im Kampfe vom Eindringen ins eigene
Land nicht abzuhalten vermocht hat, an diesen das Ansinnen stellen,
eigenes Land herzugeben und sich selbst aufzuteilen, ehe man ihn mit
den Waffen, zu denen man aus freier Entschließung gegriffen hat,
wieder aus dem von ihm okkupierten Lande verdrängt hat? Kann
man solches Verlangen stellen, ohne sich vor der Welt peinlichst