Full text: Das Friedensangebot der Mittelmächte.

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halb mußte auch etwas geschehen, was glatter schlüpfte, versöhn- 
licher klang, dem Grundton des Wilsonschen Idealismus sich 
besser anpaßte. Es mußten auch die enthüllten Eroberungsbedin- 
gungen wieder ein wenig verhüllt werden, die Klauen des Löwen 
sich ein wenig verbergen. 
Dieser Aufgabe hat Balfour sich unterzogen. Die Form 
seiner Note ist tadellos, der Gedankengang schlüssig und zügig. 
Man meint, Reinecke Fuchs habe selbst das Wort ergriffen. 
Zunächst wird Wilson sehr zart die Wange gestrichen und 
werden seine Ideale gelobt. Ja, man entdeckt zu seiner eigenen 
Freude, daß man mit diesen Idealen in England völlig überein- 
stimmt. Die Ideale Wilsons sind: Bedingungen eines künftigen 
dauernd gesicherten Friedens. Dazu aber ist eben leider, ach 
leider (Seufzer und Blick aufs prayer book!) die Fortsetzung des 
Krieges nötig, denn es muß erst das militärische System des 
Hauptfriedensstörers Deutschland vernichtet werden, damit die 
Voraussetzungen eines dauernden und sicheren, natürlich nur 
durch Englands Flotte zu sichernden Friedens geschaffen werden. 
Das von Grund aus militärische System Deutschlands muß des- 
halb vernichtet werden, weil Deutschlands Wort nicht zu trauen 
ist. Deutschland weicht dem Weg der Schiedsverträge, wie sie 
zwischen Amerika und England so musterhaft bestehen, aus und 
was noch schlimmer ist, an geschlossene Verträge hält es sich 
nieht. Deutschland hat das bewiesen, indem es ebenso wie vor- 
her Oesterreich einen unschuldigen Kleinen überfallen hat. Wie 
Oesterreich das kleine Serbien vergewaltigte, so Deutschland das 
auch von ihm in seiner Neutralität garantierte Belgien. Ach! Und 
ebenso hat es auch die vertrauensvollen andern Nachbarn, die so 
gar nicht gerüstet waren, überfallen — nämlich Rußland und 
Frankreich, die sich auf den Kriegsfall, ach, gar nicht vorgesehen 
hatten. So ist also nach diesem Vorgange Deutschland nie mehr 
zu trauen, solange es wehrfähig ist, es muß geschwächt werden, 
sonst ist jeder, der mit ihm Verträge schließt, geprellt. Die 
Türkei aber muß hinaus aus Europa, weil sie den alten Friedens- 
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