Einleitung.
I. Begriff und Inhalt des bayerischen) Verfassungsrechts.
8. 1.
1) Bas bayerische Staatsrecht im Allgemeinen.
Es ist die Aufgabe des Staatsrechts, die Rechtsnormen
systematisch darzustellen, welche den Staat als solchen, seine innere
Gliederung und seine Thätigkeit regeln. Je nachdem man dabei
den Staat überhaupt als ein Erzeugniß der Geschichte der Menschheit
in seiner Entwicklung oder in seiner gegenwärtigen Erscheinung,
oder einen bestimmten einzelnen Staat, wie er sich bei einem ge-
wissen Volke oder Stamme findet, zum Gegenstand der Darstellung
nimmt, erhält man entweder das allgemeine oder ein beson-
deres (positives) Staatsrecht.2) Als ein solches erscheint denn
auch das gemeine deutsche und das particulare bayerische Staats-
recht, dessen Begriff sich aus dem Gesagten von selbst ergibt. Nur
die Rechtsnormen, und zwar nur jene, welche den bayerischen
Staat als solchen und seine organische Gliederung betreffen, sollen
in diesem Buche behandelt werden.3) Ausgeschlossen bleiben daher:
1) Der Schreibart „Bayern“, „bayerisch“ ist die officielle. Sie ist
übrigens keine neue; schon J. J. Moser bemerkt in seiner Einleitung in das
bayerische Staatsrecht S. 12: „Heutiges Tages schreibt man meistens „Bayern“.
2) Ueber die allgemeinen Begriffe s. Bluntschli, Lehre vom modernen
Staat, Stuttgart 1877 Bd. I. S. 1—13; dann H. A. Zachariä, deutsches
Staats= und Bundesrecht, III. Aufl. Göttingen 1865 u. 67 Vd. I. S. 1 ff.
3) Das Staatsrecht bildet einerseits eine einzelne Disciplin der Rechts-,
anderseits eine solche der Staats-Wissenschaft; über die daraus sich erge-
bende Doppelreihe von Disciplinen, die mit dem Staatsrecht verwandt sind,
s. F. Walter, juristische Encyklopädie, Bonn 1856, und R. v. Mohl, En-
cyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen 1859.
Pözl, bayer. Verfassungsrecht. bite Aufl. 1