140 8 40. Das Staatsgebiet und das Staatsgut.
durch welche derselbe zu dem Endergebnis kommt: „daß der
bayerische Gesetzgeber den Grundsatz, es seien unter der Reichs—
verwesung Verfassungsänderungen nicht vorzunehmen, bereits ver—
worfen hat“. Nach dem gegenwärtigen Stande der Verfassungsgesetz-
gebung selbst erscheinen demnach Aenderungen der Verfassungsurkunde
unter der Reichsverwesung als möglich (Seyd. 1, 248 und die Ab-
handlung desselben Verfassers in den Blättern für admin. Pr. Bd.
45, S. 6 ff.). Zu erwähnen ist hier auch noch das Verfassungsgesetz
vom 26. Oktober 1887 „die Erläuterung und den Vollzug des Tit. II.
§ 18 der Verf.-Urk. betr.“ (Ges.= und Verordn.-Bl. S. 625, Web. 18,
S. 598), nach welchem die von dem Reichsverweser provisorisch er-
nannten Beamten während der Reichsverwesung nach Maßgabe der
IX. Verf.-Beilage zu behandeln sind und insbesondere, soferne die
provisorische Ernennung zugleich die erste Anstellung bildet, nach
Ablauf einer dreijährigen Dienstzeit das Dienstesdefinitivum erreichen.
Diejenigen provisorisch ernannten Beamten, welche sich bei Beendigung
der Reichsverwesung im Besitze des Definitivums befinden, erhalten
die hiernach erworbenen Pensions= und Heimatrechte für sich und ihre
Angehörigen auch für den Fall, daß die von dem Reichsverweser
ausgegangenen Ernennungen widerrufen werden sollten. Ferner: das
Verbot der Einführung neuer Aemter (nach § 18 Tit. II I. c.) soll
sich nach diesem Gesetze nicht auf Aemter beziehen, welche im Vollzuge
von Gesetzen oder nach vorgängiger Einvernahme des Landtags zu
errichten sind.
Offenbar enthält auch dieses Gesetz nicht blos eine Erläuterung,
sondern faktisch eine Aenderung der verfassungsmäßigen Bestimmung
des Tit. II § 18 der Verf.-Urk. und wird sonach durch dasselbe
gleichfalls die Ansicht bestätigt, daß solche Verfassungsänderungen von
der bayer. Gesetzgebung selbst auch während der Regentschaft für zu-
lässig und möglich erachtet werden. 14)
8 40.
Das Staatsgebiet 15) und das Staatsgut.
Bayern ist ein souveräner, d. h. ein nach Außen unab—
hängiger Staat.
Tit. 1 § 1 der Verf.-Urk.
Durch die Gründung des Deutschen Reiches hat Bayern an
dieser Gebietshoheit selbst Nichts verloren.
Nach Tit. III § 1 der Verf.-Urk. bildet der ganze Umfang des
Königreichs Bayern eine einzige, unteilbare, unveräußerliche Gesamt-
1/) Im Uebrigen siehe über Regentschaft § 10—14, § 16—22 des Tit. II
der Verf.-Urk. und Seyd. 1, 223—262, ferner über die Aufstellung eines Vice-
königs im Falle des Tit. II § 6 Abs. II der Verf.-Urk. ebenda S. 262/63.
15) Seyd. 1, 334—345: Die Gebietshoheit. Ferner Pözl, Verf. S. 22,
28, auch 8, bes. 49 ff., endlich Web. Anhangband S. 48—113.