Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

14 § 8. 1. Der Kaiser. 
Kapitel II. 
Die Reichsgewalt und die Organe zur Ausübung derselben. 
88. 
1. Der Kaiser. 
(Lab. 1, 182—203.) 
Nach Art. 11 Abs. 1 der Reichsverfassung steht das Präsidium 
des Bundes (Deutschen Reiches) dem Könige von Preußen zu, welcher 
den Namen „Deutscher Kaiser" führt. 
Gegenüber dem früheren Bundespräsidium des „Norddeutschen 
Bundes“ ist nach Lab. 1, 186 „durch die Wiederherstellung der 
Kaiserwürde eine neue staatsrechtliche Institution nicht geschaffen 
und ist der Begriff des Bundespräsidiums durch die Verknüpfung 
desselben mit dem Kaisertitel nicht verändert worden.“ 
Durch Art. 11 der Reichsverfassung wird dem Keiser lediglich 
das Präsidium des Deutschen Bundes, nicht die Souveränität des 
Reiches beigelegt und konnte ihm auch eine solche nicht beigelegt 
werden, da das Reich selbst kein Staat und nicht souverän ist. 
Doch wenn der Kaiser auch nicht Souverän des Reiches ist, so ist er 
doch andrerseits auch nicht Präsident, analog dem Präsidenten z. B. 
der französischen Republik, sondern er ist unverantwortlicher, un- 
absetzbarer Inhaber aller Präsidialbefugnisse Kraft des Rechtes zur 
Ausübung derselben, welches er aus dem unter den Bundesstaaten 
vertragsmäßig vereinbarten und auf verfassungsmäßigem Wege zu 
Stande gekommenen Reiche resp. dessen Verfassung selbst ableitet. 1) 
Und so erscheint der Kaiser als Inhaber des Bundespräsidiums als 
ein mit weitgehenden Sonderrechten ausgestattetes und bevorzugtes 
Mitglied des Reiches. Das Sonderrecht aber auf das Bundes- 
präsidium steht dem Könige von Preußen zu. Es erscheint also 
dieses Präsidium als ein Sonderrecht Preußens innerhalb des deutschen 
Bundes und ist mit der Krone Preußens, d. h. mit dem Träger 
derselben verbunden. Die Rechte des Kaisers als solchen sind jedoch 
nicht Rechte des Königreichs Preußen, sondern Rechte des deutschen 
Reiches. Diese mit dem Präsidium des Reiches verbundenen Rechte 
sind teils 
a. persönliche Ehrenrechte, teils 
b. Regierungsrechte. 
ad a. Das hauptsächlichste persönliche Recht ist die Führung 
des Titels: „Deutscher Kaiser“ und ist diese Führung beschränkt auf 
!) Dabei wird aber immer wieder betont, daß dem Kaiser durch die ver- 
tragsmäßig acceptierte und durch die Einzelstaaten — unter Beobachtung der 
von ihren eigenen Landesverfassungen vorgeschriebenen Form — genehmigte 
Reichsverfassung nicht die betr. Hoheitsrechte der deutschen Staaten und 
Fürsten selbst, sondern nur deren Ausübung namens der geuannten Staaten 
und Fürsten übertragen werden wollte und faktisch übertragen worden ist. 
  
 
	        
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