§ 95. Die Gemeindebürger, deren Rechte und Pflichten. 111
wirksame Verleihung des Bürgerrechtes nach Art. 12 zu ermöglichen,
so müssen sie auch fortgesetzt gegeben bleiben, wenn das gemäß Art.
12 bis 14 erworbene Bürgerrecht fortbestehen soll.
Mit dem Verluste einer dieser sechs Eigenschaften kommt das
Bürgerrecht, welches auf Grund des Art. 12 bis 14 durch Beschluß
der Gemeinde verliehen wurde, sofort in Wegfall, soferne nicht die
Voraussetzungen des Art. 15 gegeben sind, weil durch die letzteren —
wie oben bereits erwähnt — die in Art. 11 geforderten Eigenschaften
ersetzt werden (Art. 18 Abs. -), während das auf Grund von Haus-
besitz oder infolge der Eigenschaft als Höchstbesteuerter ohne die nach
Art. 11 erforderlichen Eigenschaften erworbene Bürgerrecht erst dann
wegfällt, wenn die betr. Person aufhört, Eigentümerin des fraglichen
Hauses zu sein oder zu den Hochstbesteuerten der Gemeinde im
Sinne des Art. 15 zu gehören. —
Zu bemerken ist hier noch, daß gemäß Art. 15 d. h. auf Grund
von Hausbesitz und der Eigenschaft als Höchstbesteuerte auch Frauen,
sowie auch juristische Personen des Inlandes: 11) Körperschaften, Ge-
sellschaften, Genossenschaften, Stiftungen rc., welche die juristische
Persönlichkeit besitzen, das Bürgerrecht verliehen erhalten können.
Diese juristischen Personen und privatrechtlichen Vereinigungen
bedürfen aber zur Ausübung ihres Bürgerrechtes jederzeit eines Ver-
treters, welcher die bayer. Staatsangehörigkeit, sowie die Volljährig-
keit besitzt, selbständig ist und keinem der in Art. 13 Abs. II der
Gem.-Ordn. aufgestellten Ausschließungsgründe unterliegt. Einen
solchen Vertreter müssen auch physische Personen (Menschen), welche
lediglich gemäß Art. 15 das Bürgerrecht in einer Gemeinde besitzen,
dann aufstellen, wenn sie nicht in der Gemeinde wohnen. 12)
Die Erwerbung des Bürgerrechtes kann endlich auch noch er-
zwungen werden.
Nach Art. 17 sind nämlich nach Aufforderung der Ge-
meindeverwaltung diejenigen Personen, welche nach Art. 11 zur
Erwerbung des Bürgerrechtes befähigt sind, hiezu verpflichtet, wenn
sie seit 5 Jahren in der Gemeinde wohnen und während dieser Zeit
mit direkten Steuern im jährlichen Gesamtbetrage von
6 Mk. 86 Pfg. (vier Gulden) in Gemeinden über 20000
Seelen und ·
5 Mk. 14 Pfg. (drei Gulden) in den übrigen Gemeinden
angelegt waren.
10) Vergl. hiezu § 95 a Anm. 38 und 52, speziell die a. E. der Anm. 52
angegebene Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 22. Februar 1889 Bd. 11, 109.
) Ueber den Begriff „Inland“ im Sinne des Art. 15 der Gem.-Ordn.
s. 8 95a Anm. 90.
12) Ueber diese Aufstellung von Vertretern s. näheres § 95 a Anm. 105
bis 108.