8 95 a. Von den Gemeindebürgern, deren Rechten und Pflichten. Art. 11. 125
2) Dienstboten,1) Gewerbsgehilfen 22) und Haussöhne, 3) welche
im Brot2“) des Dienstherrn 25) oder Familienhauptes 20) stehen
und keine eigene 27) Wohnung haben.
Ueber „Entmündigung" s. auch §§ 6, 114, 115, 1896 des bürgerl. Gesetz-
buches und Art. 155 und 156 des Einf.-Ges. hiezu.
:1) „Dienstbote“ ist nach dem allgemeinen üblichen Begriff zu nehmen und
ist gleichbedeutend mit „Gesinde“. Die Dienstboten unterscheiden sich von den
Gewerbegehilfen im allgemeinen dadurch, daß die ersteren für die Haus= (und
Land)wirtschaft, letztere für Zwecke des Gewerbebetriebes beschäftigt sind.
22) Was „Gewerbsgehilfe“ ist, bestimmt sich nach dem Begriffe des Ge-
werbes bezw. darnach, ob die Erwerbsart, in welcher der Betreffende als Gehilfe
arbeitet oder Dienste leistet, zu den „Gewerben“ im Sinne der Gewerbeordnung
und des Gewerbesteuergesetzes incl. des Hausiersteuergesetzes zu rechnen ist.
Zum „Gewerbe“*) ist nach v. Landmann, Comm. zur Gewerbeordnung zu
rechnen: „Jede erlaubte Berufs= oder Erwerbsart“, insbesondere Handwerk und
Industrie, der Handel und die Hilfsgewerbe des Handels, die Verkehrsgewerbe,
die Wirtschaftsgewerbe, die Darbietung von persönlichen Dienstleistungen unter-
geordneter Art und von Unterhaltungen, bei welchen ein höheres Interesse der
Kunst oder Wissenschaft nicht obwaltet; ausgenommen vom Gewerbe sind einer-
seits die Gewinnung roher Naturerzeugnisse, andrerseits die höheren Berufsarten.
Demgemäß gehören nicht zu den Gewerben:
a. jede auf die Gewinnung roher Naturerzeugnisse gerichtete Thätigkeit
(Land= und Forstwirtschaft, Tierzucht, Jagd, Fischerei, Bergbau);
b. die freien Künste, die freie wissenschaftliche, künstlerische und schrift-
stellerische Thätigkeit;
. die persönlichen Dienstleistungen höherer Art, überhaupt Berufsarten,
welche eine höhere Bildung voraussetzen, z. B. Unterrichtserteilung,
anwaltschaftliche und ärztliche Praxis 2c. 2c.;
d. der. Aiiche Dienst (Hof-, Staats-, Gemeinde-, Kirchen= und Stiftungs-
ienst).
Siehe Landmann, Comm. zur Gewerbeordnung III. Aufl. S. 44 f. Vergl.
die Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes in Anm. 32a I lit. d.
Die Fabrikarbeiter gehören nicht zu den „Gewerbsgehilfen" im Sinne
des Art. 11 Abs. II der Gem.-Ordn. Auch die Gewerbeordnung — ebenso wie
das Armen= und das Heimatgesetz — unterscheiden stets zwischen Gewerbegehilfen
und Fabrikarbeitern. Siehe näheres hierüber bei von Kahr S. 166 ff.
Auch die Betriebsbeamten und Angestellten in den Fabrikgeschäften, desgl.
Angestellte oder Beamte der Privat-Eisenbahngesellschaften gehören nicht zu den
Gewerbsgehilfen.
Siehe Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 31. März 1890 Bd. 12, 165 und
vom 11. Dezember 1891 Bd. 13, 366 in Anm. 32 lit. d und besonders lit. e.
Zu letzterer die Min.-E. vom 13. Dezember 1878 über die Arbeitsbücher und
Arbeitskarten Nr. I Ziff. 4 lit. d (Web. 12, 535).
?) Der Begriff „Haussohn“" ist je nach dem einschlägigen Civilrecht zu be-
urteilen. Vergl. hiezu die Bestimmungen in 88 1626 ff. des bürgerl. Gesetzbuches
über die elterliche Gewalt, besonders §§ 1626. 1627, 1684.
:!) „Im Brot stehen“ ist gleichbedeutend mit „die Verköstigung bezw. die
Verpflegung erhalten“. « »
25)Zudeu,,Dienstherren«gehörennichtblosdie-HerrenderDIettstbotem
sondern auch die Gewerbsmeister oder Gewerbsinhaber, bei welchen die Gewerbs-
gehilfen in Arbeit stehen. Z„
6) „Familienhaupt“ im Sinne des Abs. II Ziff. 2 und Abs. III ist der-
jenige, welchem einerseits die eheherrliche Gewalt über die Ehefrau resp. andrer-
*) Der Betrieb eines Gewerbes liegt aber nur vor, wenn eine gewerbliche Thätigkeit
mit der Absicht des Erwerbs und fortgesetzt (d. h. gewerbsmäßig) ausgeübt wird.