Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

§ 95 a. Von den Gemeindebürgern, deren Rechten und Pflichten. Art. 13. 135 
vorausgehenden zwei Jahre 55) eine Unterstützung 56) aus 
dem Gesuchsteller selbst beansprucht oder empfangen wurde. Hiebei kann die einem 
Unterstützungsbedürftigen gewährte Armenunterstützung dem zur Alimentation 
desselben Verpflichteten in der Regel nur dann zugerechnet werden, wenn dieser 
zu dem Unterstützten in dem Verhältnisse des Familienoberhauptes steht. 
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 23. März 1880 Bd. 1, 199: Bei 
Geltendmachung des gemeindlichen Einspruchsrechtes ist dem (um Ausstellung eines 
Verehelichungszeugnisses) nachsuchenden Manne die Armenhilfe, welche einem Hilfs- 
bedürftigen geleistet wurde, zu dessen Alimentation oder Unterstützung derselbe 
verpflichtet war, in ihrer rechtlichen Wirkung zuzurechnen, wenn erwiesenermaßen 
diese Hilfe mit seinem Wissen und Willen beansprucht oder gewährt wurde. 
Siehe hiezu Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 15. April 1889 und Bl. 
für admin. Pr. 41, 2: Die öffentliche Armennnterstützung, welche den außer- 
ehelichen Kindern der Tochter gewährt worden ist, die sich aus dem väterlichen 
Haushalte abgesondert, kann dem ehelichen Vater der Tochter nicht zugerechnet 
zesen weil hier der Vater nicht als Familienoberhaupt jener Kinder zu er- 
achten ist. 
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 16. Januar 1883 Bd. 4, 285: Dem 
Ehemann ist auch die ohne sein Ansuchen von amtswegen erfolgte Unterstützung 
seiner Frau durch die öffentliche Armenpflege dann zuzurechnen, wenn er, von 
dem notwendig gewordenen Eingreifen der letzteren amtlich in Kenntnis gesetzt, 
sich gleichwohl unthätig verhalten hat. S. hiezu auch die Entsch, des Verw.= 
Ger.-Hofes vom 21. Februar 1888 in Bl. für admin. Pr. 41, 1: Die Einwend- 
ung des Ehemannes, daß die seiner Frau aus öffentlichen Armenmitteln gewährte 
notwendige Krankenhilfe ohne sein Wissen und Wollen erfolgt sei, ist nicht 
geeignet, ihn gegen die aus seiner gesetzlichen Alimentationspflicht folgende per- 
sönliche Zurechnung der rechtlichen Wirkung jener Unterstützung im Falle der 
Einspruchserhebung gegen seine Wiederverehelichung zu schützen, nachdem er unter- 
lassen hatte, Ersatz zu leisten. 
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 14. Februar 1882 Bd. 3, 577: Die 
einem außerhelichen Kinde gewährte öffentliche Armennnterstützung kann dem 
alimentationspflichtigen Vater desselben nicht angerechnet werden (da er nicht 
als Familienoberhautt im Verhältnis zu diesem Kinde erscheint). S. hiezu Anm. 
59 lit. b. 
Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 3. April 1891 Bd. 13, 95: Eine dem 
Schwiegervater gewährte Armemnnterstützung kann wegen Mangels eines natür- 
lichen Verwandtschaftsverhältnisses und der sich hieraus ableitenden Unterhalt- 
ungsverpflichtung dem Schwiegersohne nicht zugerechnet werden. 
Vergl. zu Anm. 54 und die hier angeführten Entscheidungen auch nach- 
siehende Aum. 56, ferner Anm. 58 lit. c, d, f, g, h und Anm. 59, endlich 
nm. 842. 
55) „Innerhalb der seiner Bewerbung vorausgehenden zwei Jahre“ ist 
ganz gleichbedeutend mit den Worten des Abs. I „seit zwei Jahren“ und „während 
dieser Zeit", Maßgebend ist, wie schon oben in Anm. 52 gesagt, auch für das 
Vorhanden= oder Nichtvorhandensein der Versagungsgründe nach Abs. II des 
Art. 13 der Zeitpunkt der Verbescheidung des betr. Gesuches und — da die „Be- 
werbung" d. h. das angebrachte Gesuch bis zu diesem Zeitpunkte gegeben bezw. 
vorhanden ist oder aufrecht erhalten wird, so sind auch die hier gemeinten zwei 
Jahre vom Tage der Verbescheidung an zurückzurechnen. Diese „zwei Jahre"“ 
müssen aber der Bewerbung bezw. Verbescheidung unmittelbar vorausgehen. S. 
auch unten Anm. 70, desgl. Anm. 99. 
# 56) Die Worte „Unterstützung aus Mitteln der öffentlichen Armenpflege“ 
sind vollständig gleichbedeutend mit den Worten „Armenunterstützung“ in Art. 6 
des Heimats= und Verehelichungsgesetzes, sowie „öffentliche Armenunterstütz-
	        
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