Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

142 8 95a. Von den Gemeindebürgern, deren Rechten und Pflichten. Art. 13. 
d. wenn er zur Zeit der Bewerbung??) einer strafrechtlichen 
Verfolgung?s) wegen einer Handlung unterliegt, wegen welcher 
gegangen sein. Wer sich nicht unmittelbar vor der Bewerbung zwei Jahre lang 
klaglos geführt hat, unterliegt dem Einspruche, da für ihn solchen Falles der 
Beweis, daß er sich gebessert hat und daher berechtigte Hoffnung gibt, daß er ein 
ordentlicher Bürger werden wird, nicht erbracht, vielmehr durch seine Rückfälligkeit 
dokumentiert ist, daß bei ihm auf eine nachhaltige Besserung nicht gerechnet werden 
kann. Es ergibt sich dies aus dem Zwecke und der Absicht der gesetzlichen Be— 
stimmung des Art. 13, welcher will, daß nur ehrenwerte Männer bezw. solche, 
welche — wenn sie ja einmal gefallen sind — doch sich wieder aufgerafft und 
nachhaltig gebessert haben, also nicht rückfällig geworden sind, der Ehre des 
Bürgerrechtes teilhaftig werden sollen; es ergibt sich dies weiter aus der sonstigen 
Diktion oder Sprechweise der Gem.-Ordn., speziell in Art. 13. Vergl. auch 
Anm. 55, sowie Anm. 71; ferner v. Kahr S. 184 f. Note 15. 
!!) Was unter „klaglos“ zu verstehen sei, wird im einzelnen Falle festzu- 
setzen sein. 
Unter Berücksichtigung des in vorstehender Anm. 70 Gesagten wird das 
„klaglose Verhalten“ als ein solches verstanden werden müssen, durch welches der 
früher bestrafte Bewerber zeigt, daß er sich nachhaltig gebessert habe. 
Jedenfalls ist ein Verhalten nicht als „klaglos“ zu bezeichnen, welches 
einen neuen Versagungsgrund nach Art. 13 Abs. II entstehen läßt, aber auch nicht 
ein solches, welches abgesehen hievon, eine Verurteilung herbeiführte, sei es wegen 
eines Verbrechens oder eines Vergehens") oder auch einer im Str.-Ges.-B. behan- 
delten Uebertretung, die wie z. B. Bettel, Landstreicherei lüberhaupt § 361 Nr. 3 
bis 8 des Reichs-Str.-Ges.-B.) die Ueberweisung an die Landespolizeibehörde zur 
Folge haben kann. 
Ergibt sich neuerlich eine Thatsache, welche ein nicht klagloses Verhalten 
erkennen läßt, so beginnt von der Beendigung dieser Thatsache bezw. deren 
Folgen (bei Zuerkennung einer Strafe vom Tage der Verbüßung derselben an, 
bei Verhängung einer Straffolge, z. B. Verwahrung im Arbeitshause, vom Tage 
der Entlassung aus demselben) wieder von neuem die zweijährige Verjährung, 
vor deren Vollendung ein einspruchsfreier Anspruch auf Bürgerrechtserwerb nicht 
gegeben, also eine Bewerbung bei Geltendmachung des Einspruches (Versagungs- 
grundes) erfolglos ist, auch wenn in früherer Zeit, d. h. vor dieser neuen Frist, 
ein zweijähriges klagloses Verhalten einmal vorhanden gewesen sein sollte. Siehe 
vorstehende Anm. 70. 
Den Beweis des klaglosen Verhaltens muß der Bewerber erbringen (durch 
Vorlage von sogen. Leumundszeugnissen). Kommt es zum Streit, so ist die 
Frage, ob klagloses Verhalten vorliegt oder nicht, im verwaltungsrechtlichen Ver- 
fahren, in letzter Instanz vom kgl. Verwaltungsgerichtshofe zu entscheiden und 
gilt solchen Falles für die Beischaffung des Beweismateriales die Regel des Art. 20 
Abs. I des Verw.-Ger.-Hofs-Ges., nach welcher die Festsetzung des Sachverhaltes 
in Verwaltungsrechtssachen von Amtswegen zu erfolgen hat. 
7.) D. h. in dem Zeitpunkte, in welchem über seine Bewerbung entschieden 
wird. Siehe Anm. 52, 55, auch 99. 
7.) Einschlägig sind hier die Bestimmungen in § 151 und § 168 der 
Reichs-Str.-Proz.-Ordn., welche lauten: 
ç„ *) Jedoch nicht wegen aller Vergehen, sondern wohl nur wegen der sogenannten infa- 
mierenden z. B. Diebstahl, Betrug, Unterschlagung, Hehlerei, Fälschung, Kuppelei, Vergehen wider 
die Sittlichkeit, besonders aller derjenigen, bei welchen auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte 
neben der Gefängnisstrafe erkannt werden kann 2c., vergl. Anm. 60; auf keinen Fall aber wegen 
Vergehens der Beleidigung oder der leichten Körperverletzung oder Sachbeschädigung, überhaupt 
derjenigen, welche (auch nach der öffentlichen Meinung) den Verurteilten nicht verächtlich machen 
oder dessen Leumund trüben.
	        
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