164 8 95a. Von den Gemeindebürgern, deren Rechten und Pflichten. Art. 19.
II. Der Gemeindebürger genießt ferner das Recht, nach den
Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes: 51)
1) bei Beratung und Abstimmung über Gemeindeangelegenheiten
mitzuwirken; 152)
2) zu Gemeindeämtern zu wählen und gewählt zu werden; 153)
1n1) Die Ausübung der in Abs. II aufgeführten Rechte bemißt sich also
nach den für die einzelnen derselben gegebenen näheren Bestimmungen der
Gem.-Ordn.
Auch sind die in Art. 19 aufgeführten Rechte und Pflichten nicht aus-
schließlich solche der Gemeindebürger. (Vergl. z. B. Art. 47 der Gem.-Ordn., s.
Anm. 152.)
Andrerseits s. bezüglich weiterer, hier in Art. 19 nicht aufgeführten Rechte
des Gemeindebürgers die Art. 37 Abs. III, 145 Abs. III Satz 2, 176 Abs. IV,
191 Abs. II Satz 1 und 196 Abs. V (auch Art. 189 Abs. III letzter Satz) der
Gem.-Ordn.; ferner Art. 47 und 48 des Heimatges., Art. 11 des Jagdausübungs-
ges., Art. 3 des Distriktsratsges., Art. 8 des Landratsges., Art. 13 des Ver-
markungsgesetzes.
(Vergl. Weber, Gem.-Ordn. S. 23; v. Hauck-Lindner S. 78.)
153) Abs. II Ziff. 1 bildet gewissermaßen eine Ergänzung zu Art. 122,
besonders aber zu 146 der Gem.-Ordn., und geht speziell aus der Bestimmung
des Art. 19 Abs. II Ziff. 1 im Zusammenhalte mit Art. 146 hervor, daß unter
den in letzterem Artikel genannten „Stimmberechtigten“ nur die „Gemeindebürger“
verstanden sein können.
Ueber die Ausübung des Stimmrechtes, speziell die gesetzlich normierten
Beschränkungen desselben s. die Art. 103 Abs. I, 118 Abs. I, 145 Abs. IV und
170, 171, 182 der Gem.-Ordn.; ferner auch Art. 122; endlich statuiert Art. 47
Abs. III 2c. einen Fall, in welchem auch Nichtbürger zur Ausübung-des Stimm-
rechtes befugt sind, vergl. Anm. 151.
Zu Abs. II Ziff. 1 und 2 (Ausübung des Stimm-, wie des Wahlstimm-
Rechtes) s. noch § 34 des Reichs-Str.-Ges.-B., welcher statuiert, daß die Ab-
erkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auch zur Folge hat, daß für die Dauer
der im Urteile bestimmten Zeit für den Verurteilten die Unfähigkeit eintritt, in
öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden.
Derartig verurteilte Gemeindebürger können daher auch während der vorerwähnten
Zeit weder nach Art. 122 bei Fassung von Gemeindebeschlüssen noch nach Art. 146
bei Abstimmungen in Gemeindeversammlungen — gleichviel welcher Art oder
welchen Inhaltes die betr. Beschlüsse sind bezw. ob öffentlich-rechtlicher oder
privatrechtlicher Natur — mitwirken; auch nach Art. 47 kann der betr. Ver-
urteilte nicht abstimmen; vergl. auch Art. 170 und 172 der Gem.-Ordn.
Siehe v. Kahr S. 215 f.; ferner nachstehende Anm. 153; endlich Bl. für
admin. Pr. 30, 105:; der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte in seiner Wirkung
auf das Recht zur Teilnahme an der Gemeindeversammlung.
158) Siehe vorstehende Anm. 152, letzter Absatz.
Das aktive und passive Wahlrecht zu Gemeindeämtern ist ein ganz aus-
schließliches Recht der Gemeindebürger. Siehe hiezu Art. 170 bis 174 der Gem.=
Ordn. Dieses Wahlrecht geht daher auch im Falle des Art. 18 Abs. IV (bei
Wegfall lediglich der Steuer und der Selbständigkeit) verloren.
Andrerseits ist die Ausübung des Wahlstimmrechtes vollständig dem freien
Ermessen des Gemeindebürgers anheimgegeben; einen Zwang hiezu gibt es nicht.
Ueber den Begriff: „Gemeindeamt“ s. Vorbemerkung zur Abteilung VI
Art. 170 ff. der Gem.-Ordn. und bayer. Gem.-Ztg. Jahrg. 1892 S. 719 ff.
Vergl. Anm. 146, ferner 157.