§ 96. Von dem Gemeindevermögen. 187
Gemeindeedikts von 1818 bestanden haben, 15) so hat es bei diesen
Nutzungsrechten so lange sein Verbleiben, bis sie etwa in Ge-
mäßheit des Art. 35 der Gem.-Ordn. zurückgezogen werden.
Eine solche Zurückziehung durch die nach Vorschrift des
Art. 27 Abs. I gefaßten Gemeindebeschlüsse kann aber nur
bezüglich derjenigen Nutzungsrechte erfolgen, welche aus
rechtsbegründetem Herkommen oder örtlichem Gewohnheits-
rechte, 153) nicht aber bezüglich derjenigen, welche aus be-
sonderen Rechtstiteln, 13) durch welche diese Rechte schon vor
dem Erlasse des Gemeindeediktes begründet waren, sich herleiten.
Die auf solchen besonderen Rechtstiteln beruhenden
Nutzungsrechte einzelner Kategorien von Gemeindeangehörigen
unterliegen einem derartigen Einzuge überhaupt nicht; aber
auch die durch örtliches Herkommen begründeten Nutzungs-
rechte können in dem Falle nicht durch gemeindliche Beschlüsse
zurückgezogen werden, wenn sie zugleich auf einem Privat-
rechtstitel beruhen, d. h. wenn im einzelnen Falle einem
Gemeindeeinwohner, Gemeindebürger bezw. Anwesens= oder
Hausbesitzer das betreffende Nutzungsrecht, welches allgemein
in der Gemeinde auf Grund des örtlichen Gewohnheitsrechtes
*) Die Gem.-Ordn. erkennt den Fortbestand von Nutzungsrechten am Ge-
meindevermögen nur insoweit an, als dieselben bereits beim Inkrafttreten des
Gemeindcediktes von 1818 bestanden haben. Eine Neubildung solcher Nutzungs-
rechte unter der Herrschaft des Gemeindeediktes von 1818/34 und ganz besonders
der Gemeindeordnung von 1869 gibt es nicht, ebensowenig eine Ausdehnung der-
selben auf Grundstücke, welche von der Gemeinde erst nach dem Inkrafttreten
des Gem.-Ed. von 1818 und seit dieser Zeit neu erworben wurden.
Vergl. hiezu auch die Bemerkungen aus den Motiven (Weber, Gem.-Ordn.
S. 37 f.): Die in vielen Gemeinden bestehenden Verschiedenartigkeiten der Ge-
meindenutzungsbefugnisse entwickelte sich regelmäßig daraus, daß die Besitzer der
älteren Anwesen, welche ursprünglich die Gemeinde allein repräsentierten, jeden
neu Eintretenden von der Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindevermögens
ganz oder teilweise auszuschließen wußten, so daß sich allmählich eine Ortsübung
bildete, welche, wenn sie den Charakter der Rechtmäßigkeit angenommen hatte,
auch später mehr oder minder anerkannt wurde. Hieran wurde durch das Gesetz
nichts geändert. Dasselbe beläßt es daher bei den jeden Orts bestehenden Rechts-
verhältnissen und namentlich auch bei den Ansprüchen, welche den Hausbesitzern
als solchen in einzelnen Gemeinden zukommen. S. bei Art. 32 die Entsch. des
Verw.-Ger.-Hofes vom 4. Januar 1882 und vom 30. Dezember 1890 Bd. 3, 493
und Bd. 13 S. 34 Nr. 6, auch vom 11. März 1887 Bd. 9, 59.
15a) Siehe hiezu die Bemerkungen aus den Motiven bei Weber, Gem.=
Ordn. S. 37 Anm. 2: Durch die Bestimmungen des Art. 32 mit Art. 35 sind
nicht nur die besonders erworbenen Rechte auf Gemeindenutzungen gewahrt,
sondern es ist den Gemeinden auch die Befugnis eingeräumt, die herkömm-
lichen Gemeindenutzungen auch dann fortdauern zu lassen, wenn die regelmäßigen
Gemeindeeinkünfte zur Befriedigung der Gemeindebedürfnisse nicht vollständig aus-
reichen, eine Bestimmung, welche die Selbständigkeit der Gemeinden besonders in-
soferne wesentlich erweitert, als fortan der Einzug des herkömmlichen, in wirt-
schaftlicher Beziehung für die einzelnen Gemeindeangehörigen oft sehr wichtigen
Naturalgenusses der Gemeindenutzungen gegen den Willen der Gemeinde nicht
angcordnet werden kann.