II. Abschn. § 99. Die Gemeindewege und die Ortsstraßen. 347
rechte an. Will die Gemeinde als öffentliche Korporation an einem in
ihrem Bezirke gelegenen Grundstücke das Eigentumsrecht gegen
einen Prätendenten desselben Rechtes geltend machen, so bedarf sie zur
Begründung ihres Anspruches wie jedes andere Subjekt von Privat-
rechten eines privatrechtlichen Teitels und über den Rechtsbestand
dieses Titels steht die Entscheidung den Gerichten und nicht den
Verwaltungsbehörden zu.
Die Verwaltungsbehörden haben nur zu bestimmen, welche Wege
dem allgemeinen Gebrauche zu dienen haben, und zu veranlassen, daß
dieselben von der Gemeinde als öffentliche Wege hergestellt und in
Stand erhalten werden, sie haben aber nicht die Streitigkeiten zu ent-
scheiden, welche sich dadurch ergeben, daß die Gemeinde an der Grund-
fläche, welche als öffentlicher Weg benützt werden soll, das Eigen-
tumsrecht'), aus welchem privatrechtlichen Titel immer, gegenüber
einem Prätendenten desselben Rechtes in Anspruch nimmt.
Vergl. hiezu auch Urteil vom 10. März 1877 Bd. 6, 556; 6, 647 ff.
besonders 652; vom 25. Juni 1872 (Reg.-Bl. 1550); vom 27. Dezember
1872 (Reg.-Bl. 1873 S. 63) und vom 23. April 1873 (Reg.-Bl. 913).
Urteil vom 28. November 1877 Bd. 7, 132: In Bezug auf die gericht-
liche Zuständigkeit für eine Klage wegen widerrechtlichen Eingriffs in
das Eigentum eines Dritten durch eine Gemeinde bei Herstellung eines
öffentlichen Weges ist allein der Inhalt der Klage maßgebend. Ist
die Klage auf den Privatrechtstitel des Eigentums und
auf eine dieses Eigentum auf eine rechtswidrige Weise benachteiligende
Einwirkung von Seite einer Gemeinde gegründet, so liegt eine reine
Civilrechtssache vor und sind zur Entscheidung dieser Rechtsangelegenheit
die Gerichte allein zuständig.
Vergl. weiter Urteil vom 9. Februar 1878 Bd. 7, 230.
Urteil vom 16. Oktober 1882 Bd. 9, 700 ff.: Erwerb einer Wege-
gerechtigkeit durch unvordenkliche Verjährung für eine Gemeinde ver-
mittelst Handlungen der ihr zugehörigen Ortseinwohner (siehe auch Ur-
teile in Bd. 4, 421 und Bd. 6, 241 derselben Sammlung); Ausschluß
der Erlöschung dieses Rechtes durch Verwendung der dienenden Grund-
stücke zu einem Eisenbahnbau.
Zuständigkeit der Gerichte für Entscheidung der Fortausübung des
Rechtes unter den also veränderten Verhältnissen.
Speziell ebenda S. 703: Auch ein öffentlicher Weg, wenn er als
Dienstbarkeit über fremde Grundstücke führt, stellt sich als privatrecht-
liche Servitut gegenüber dem jeweiligen Besitzer von Grund und Boden
dar und kann als solche von der Gemeinde, innerhalb deren Markung
er sich befindet, geltend gemacht werden; denn solchen Falls wird die
Gemeinde als Eigentümerin bezw. Servitutberechtigte betrachtet; vergl.
hiezu Urteil vom 24. November 1877 Rd. 7, 53 ff.: Ausschluß einer
Privatberechtigung an Staatsstraßen-Gräben; speziell S. 55: Es hat
sich nunmehr die Rechtsanschauung vorwiegend dahin gebildet, daß der
Staat bezw. die Gemeinde als Eigentümer der Staats= und bezw.
der Gemeinde-Straßen zu betrachten sei.
Reichsgerichtliches Urteil vom 7. März 1882: Steht den Eigentümern
der an einer öffentlichen städtischen Straße belegenen Häuser als solchen
ein privatrechtliches Gebrauchsrecht an der Straße, und wegen Beein-
trächtigung des letzteren durch eine im öffentlichen Verkehrsinteresse vor-
genommene Veränderung der Straße ein Entschädigungsanspruch zu?
Diese Frage ist in vorstehendem Urteile bejaht.
*) oder ein Wegeservitut-Recht.