8 139. Die Staatsaufsicht. Art. 157. 557
die Behörde hierüber vorbehaltlich des der Gemeinde zustehenden Be—
schwerderechtes Beschluß zu fassen, wobei auf die Leistungsfähigkeit
der Gemeinde besondere Rücksicht zu nehmen ist. 11) Die Beschluß-
fassung der Kreisverwaltungsstellen erfolgt nach kollegialer Beratung. 12)
VII. Wird die endgiltig festgestellte Verpflichtung innerhalb einer
angemessenen Frist nicht erfüllt, so hat die Staatsbehörde an der
Stelle der Gemeindebehörde die zum Vollzuge nötigen Verfügungen 18)
zu treffen, insbesondere auch die etwa erforderliche Umlage anzuordnen
und deren Erhebung auf Kosten der Gemeinde zu veranlassen. 10
VIII. Die Bestimmung des vorstehenden Absatzes ist auch dann
anwendbar, wenn die Gemeinde eine durch rechtskräftige Entscheidung
auf dem Civil= oder Verwaltungs-Rechtswege festgestellte Verpflichtung
nicht erfüllt. 15)
11) Doch ist nicht etwa die Leistungsunfähigkeit einer Gemeinde ein all-
gemeiner Grund, aus welchem dieselbe eine ihr obliegende Verpflichtung mit Recht
bestreiten könnte. Obige Bestimmung bezieht sich vielmehr nur auf die Art und
Weise der Erfüllung der gemeindlichen Verbindlichkeiten. Die Frage der Leistungs-
fähigkeit im einzelnen Falle ist eine Ermessensfrage, deren Entscheidung den aktiven
Verwaltungsbehörden zusteht. Siehe Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes Bd. 2, 306,
3, 384: Die letztinstanzielle Entscheidung der Frage, ob die von Staatsaufsichts-
wegen einer Gemeinde zur Erfüllung ihrer ortspolizeilichen Aufgabe auferlegte
Leistung notwendig und mit der Leistungsfähigkeit der Gemeinde vereinbarlich sei,
ist der Zuständigkeit des Verw.-Ger.-Hofes entrückt.
12) Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes Bd. 13, 395: Beschwerden der Gemeinden
gegen staatsaufsichtliche Beschlüsse der Distriktsverwaltungsbehörden in den Fällen
des Art. 157 Abs. VI sind von den Kreisregierungen, Kammern des Innern,
nach kollegialer Beratung in ihren Sitzungen zu bescheiden. Siehe Art. 160.
Zu Abs. V und VI siehe noch weiter Bd. 13, 60: Die gemeindliche Ver-
pflichtung zur Aufbringung des Bedarfes für die Volksschule kann von Staats-
aufsichtswegen nicht durch ein Verfahren im Sinne des Art. 157 Abs. III der
Gem.-Ordn. sondern nur auf dem in Abs. V und VI a. O. bezeichneten Wege
ausgesprochen werden.
18) Hier sind auch nur Verfügungen auf dem Gebiete des öffentlichen
Rechtes, nicht des Civilrechtes gemeint. Eine privatrechtliche Verpflichtung
kann daher durch eine solche Verfügung für die Gemeinde nicht begründet werden.
Eine (scheinbare) Ausnahme ist für die Fälle gegeben, in welchen es sich gemäß
der Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung gegen die Gemeinden um den
Vollzug rechtskräftiger eivilgerichtlicher Urteile handelt (vergl. Abs. VIII). Siehe
hiezu oben § 94 S. 25 f.; ferner Art. 9 Abs. II des Ausf.-Ges. zur Civ.-Proz.=
und zur Konkurs-Ordn.; auch § 15 des Einf.-Ges. zur Reichs-Civ.-Proz.-Ordn.
16) Zu Abs. V bis VII siehe Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes Bd. 16, 12;
Das Verfahren nach Art. 157 Abs. V bis VII der Gem.-Ordn. ist gegenüber den
Schulsprengelvertretungen nicht zulässig (vergl. auch Bd. 18, 320).
15) Siehe Anm. 13.
Ferner Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes Bd. 3, 503 ff. besonders 507: Leist-
ungen, welche durch staatsaufsichtliche Verfügung einer Gemeinde zum Vollzuge
einer rechtskräftigen richterlichen Entscheidung auferlegt werden, sind nicht als
gesetzlich unbegründete Leistungen im Sinne des Art. 10 Ziff. 2 des Verw.-Ger.=
Hofs-Gesetzes zu erachten.
Vergl. hiezu Bl. für admin. Pr. Bd. 30, 252 (Zwangsvollzug gegen Ge-
meinden wegen Prozeßkosten) und Bd. 38, 369 (wegen Geldforderungen).