Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

8 94. Die Gemeinden und die Gemeindeverfassung. 55 
sonderes Ortsgemeinde= oder Ortsstiftungs-Vermögen besitzen. 
Solchen Falles verbleibt nach Art. 5 der Gem.-Ordn. diesen Ort- 
schaften bezüglich dieses Sondervermögens das ausschließende Eigen- 
tumsrecht und, soweit nicht durch Verträge etwas anderes bestimmt 
ist, das Recht gesonderter Verwaltung und Benützung. 
Die Ortschaft, welche eigenes Vermögen besitzt, ist demgemäß 
auch „eine juristische Person“, eine Körperschaft im Sinne des bürger- 
lichen Rechtes, wie sie gemäß Art. 5 und 153 der Gem.-Ordn. auch 
als öffentlich-rechtlicher Verband erscheint. 
Ueber die rechtliche Stellung dieser Ortsgemeinden oder Ort- 
schaften gelten — soweit die Gemeindeordnung (Art. 5 und 153) keine 
Bestimmung trifft — die bürgerlichen Gesetze. 
Näheres über diese Ortschaften und ihre Vertretung bezw. Ver- 
waltung s. unten zu Art. 153 l. c., ferner die Anmerkungen zu 
Art. 5 I. c. 
Wie nun mehrere Ortsgemeinden oder Ortschaften zu einer po- 
litischen Gemeinde vereinigt werden können, so ist es durch die Gem.-= 
Ordn. zugelassen, daß sich auch mehrere politische Gemeinden zu einer 
Bürgermeisterei vereinigen. (Art. 6 der Gem.-Ordn.) 
Diese vom Gesetze vorgesehenen Bürgermeistereien haben jedoch 
im rechtsrhein. Bayern keinen Anklang gefunden. Während in der 
Pfalz vielfach solche Vereinigungen mehrerer Gemeinden zu einer 
Bürgermeisterei zur Erfüllung und Erreichung gemeinsamer Zwecke und 
Ziele sich gebildet haben, ist im rechtsrhein. Bayern keine Neigung 
für derartige Verbands-Bildungen zu finden. 
Wir können uns daher darauf beschränken, hier lediglich auf 
die Bestimmung des Art. 6 der Gem.-Ordn. und die zu demselben 
gemachten Bemerkungen in Kahrs Commentar S. 128 ff. und im 
Commentar Hauck-Lindner S. 39 f., sowie auf die Anmerkungen zu 
Art. 6 der Gem.-Ordn. im nachfolgenden § 94 a zu verweisen. 
Entstehen Streitigkeiten über die Gemeindemarkungs= und Flur- 
grenzen, so werden dieselben von den Verwaltungsbehörden im ge- 
wöhnlichen Instanzenzuge bezw. in letzter Instanz vom kgl. Ver- 
waltungsgerichtshofe nach Maßgabe des Art. 7 der Gem.-Ordn. unter 
Berücksichtigung der Bestimmung des Art. 8 Ziff. 25 und Art. 9 
Abs. I des Gesetzes über den Verw.-Ger.-Hof entschieden.23) Werden 
jedoch durch solche Streitigkeiten etwa Privatrechte berührt, so sind 
für diese rein privatrechtlichen Fragen bezw. deren Entscheidung die 
Gerichte zuständig. 
So gehören z. B. zur Zuständigkeit der Gerichte alle Streitig- 
keiten zwischen den Eigentümern von Grundstücken über die 
Grenzen dieser ihrer Grundstücke auch dann, wenn die strittigen Grund- 
stücksgrenzen zugleich die Grenzen eines Gemeindebezirks sind, ferner 
auch in dem Falle, daß diese Grundstücke sich im Privateigentum einer Ge- 
28) Siehe hiezu die näheren Ausführungen in den Anmerkungen zu Art. 7 
der Gem.-Ordn. im § 94a.
	        
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