66 8 94a. Gesetzestext zu Art. 1 bis 9 der Gemeindeordnung. Art. 1.
nichtig. Durch die Praxis des Verwaltungsgerichtshofes ist diese Anschauung an-
erkannt in der Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 13. März 1885 B-Bd. 6, 86:1:
durch Art. 1 der Gem.= Ordn. sind die Gemeinden als öffentliche Körperschaften
mit dem Rechte der Selbstverwaltung nach Maßgabe der Gesetze erklärt worden.
Wenn dieselben hienach durch die neue Gem.-Ordn. einerseits von den Beschränk-
ungen der früheren Gemeindekuratel befreit worden sind, so haben dieselben andrer-
seits die volle Verantwortlichkeit für ihre Handlungen zu
tragen.)
!) Wenn die Gemeinde als öffentliche Korporation, als welche sie zu-
gleich gesetzlich notwendige juristische Person des Privatrechtes ist, bezüglich eines
ihrer Vermögensstücke das Eigentumsrecht geltend machen will, so muß sie
dies auf Grund eines privatrechtlichen Titels thun und ihre diesbezügliche
Klage beim Gerichte stellen.
Oberstrichterliches Urteil vom 18. März 1876 (Samml. Bd. 6, 241): Zur
Entscheidung über eine Eigentumsverfolgung seitens einer Gemeinde, auch
wenn diese einen öffentlichen Weg betrifft, und zur Prüfung der Legitimation
der bezüglichen Gemeindevertretung, d. h. der Befugnis derselben, vor Gericht auf-
zutreten, sind die Gerichte zuständig. —
Der Begriff des Gemeinde-Eigentums gehört nicht dem öffentlichen
Rechte, sondern dem Privatrechte an. Will die Gemeinde als öffentliche
*““) Wenn infolge eines behaupteten dienstlichen Verschuldens eines (Staats= oder) Gemeinde.
beamten ein Entschädigungsanspruch geltend gemacht werden will, so sind bezüglich der Entscheidung
der Vorfrage, ob diesen Beamten ein Verschulden trifft oder nicht, folgende Fälle zu unterscheiden:
a. Wenn der Beamte selbst wegen der in Ausübung seines Amtes oder bei Veran-
lassung dieser Auslübung vorgenommenen Handlungen civilrechtlich verfolgt werden
soll, ist die Entscheidung der Vorfrage, ob sich derselbe einer Ueberschreitung seiner
Amtsbefugnisse oder der Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung schuldig
emacht habe, durch Art. 7 Abs. 2 des Ges. vom 8. August 1878 auf den kgl. Verw.=
Ver-Hof übergegangen. Z„
v. Wenn dagegen aus dem behaupteten dienstlichen Verschulden eines (Staats- oder) Ge-
meindebeamten ein Entschädigungsanspruch gegen (den Staat oder) die betreffende Ge-
meinde (nicht gegen den Beamten selbst) abgeleitet werden will, ist nach wie
vor die dem betr. Beamten vorgesetzte Dienstesbehörde oder Dienstesstelle dazu zu-
ständig, die Gesetzmäßigkeit oder Gesetzwidrigkeit der in Frage stehenden amtlichen
Handlung bezw. Unterlassung festzustellen. 7*“ ç
Die gleiche Zuständigkeit der vorgesetzten Dienstesbehörde oder Dienstesstelle wie sub d
wäre auch dann gegeben, wenn der Anspruch nicht gegen einen Beamten, sondern
gegen eine Behörde, z. B. gegen einen Stadtmagistrat (Magistratskollegium) ge-
richtet wäre, da die Entscheidung der Vorfrage nach Art. 7 Abs. 2 des Gesetzes vom
8. August 1878 überhaupt nur gegenüber Beamten als bestimmt bezeichneten Ein-
zelpersonen, nicht gegenüber Behörden erfolgen kann und die genannte
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes nur die per sönliche Beteiligung des oder der be-
zurstenden Beamten an der in Frage stehenden amtlichen Handlung oder Unterlassung
estzustellen hat.
Näheres hierüber s. in den Ausführungen der Entsch. des Verw.--Ger.-Hofes vom 31. Juli
1889 Bd. 11, 337 ff., ferner vom 11. September 1883 Bd. 4, 549: Die Entscheidung der Vorfrage
nach Art. 7 Abs. 2 des Verw.-Ger.-Hofs-Ges. kann nur gegenüber Beamten, nicht
gegenüber Behörden erfolgen. ç
Um ein Verschulden eines Beamten bei Erlassung eines Kollegialbeschlusses (also
z. B. eines bei Abfassung eines Magistratsbeschlusses mitwirkenden Mitgliedes eines Magistrats.
kollegiums) konstatieren zu können, muß festgestellt sein, daß der erlassene Beschluß, objektiv betrachtet,
gesetzwidrig ist und daß und wie der betr. Beamte (z. B. Magistratsrat) sich an der Erlassung
bezw. Fassung desselben beteiligt hat; endlich Entsch. des Verw.-Ger.-Hoses vom 23. März 1892
Bd. 13, 470 und 472: Die Vorentscheidung gemäß Art. 7 Abs. 2 des Ges. vom 8. August 1878
erstreckt sich nicht auf die Frage, ob der Antragsteller seitens des beschuldigten Beamten eine wirk-
liche Schädigung erlitten habe, sondern nur auf die, ob dem Beamten eine pflichtwidrige Handlung
oder Unterlassung im Dienste zur Last falle; die Kognition über die Frage, ob das festgestellte
dienstliche Verschulden auch ein ci vilrechtliches, zum Schadensersatze verpflich-
tendes Verschulden in sich schließe, insbesondere ob überhaupt bezw. in welchem Maße ein Ver-
mögensnachteil für den Antragsteller eingetreten sei und, wenn ja, ob dieser Schaden mit der dienst.
lichen Handlung oder Unterlassung des Beamten in Kaufalzusammenhang steht, kommt ausschließlich
den Gerichten zu. Vergl. noch hiezu Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 29. März 1881 Bd. 2,
609 und vom 26. September 1882 Bd. 4, 170, bes. 174 ff.
Näheres über diese Frage unten § 110 und spez. die Anm. zu Art. 86 Abs. II, 87 Abs. III,
133, 158 der Gem.-Ordn.; ferner Bd. 3 § 515 zu Art. 7 des Verw.-Ger.-Hofs-Ges. S. auch unten
S. 67 Note "*) zu Anm. 5.
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