Anhang III. Nachträge zu Band I und II. 711
bis 437 mit Min.-Bek. vom 23. Dezember 1897, den Vollzug des Ge-
19. März 1879 » .
setzes vom 50 bvw. 18 über die Besteuerung des Gewerbe-
betriebs im Umherziehen betr. Ges.= u. Verordn.-Bl. 1897 S. 423 f.
§ 73.
I. Das Einkommenstenergesetz.)
Das gegenwärtig giltige Einkommensteuergesetz vom 9. Juni 1899 kam zu
Stande auf Grund des Gesamtbeschlusses beider Kammern dahin gehend: daß die
Einkommensteuer im Gegenhalte zur jetzigen Skala (1881) in den mittleren und
höheren Sätzen allmählig ansteigend entsprechend erhöht, die Steuerbefreiung der
Ausländer aber, soweit zulässig, beseitigt werde.
Nach diesem Gesetze vom 9. Juni 1899 erscheint nun Jeder als steuer-
pflichtig, welcher ein Einkommen bezieht, das nicht bereits mit Grund-, Haus-,
Gewerb= oder Kapitalrentensteuer angelegt ist, gleichviel, ob dieses Einkommen
ständig oder unständig ist, ob es in Geld, Geldeswert oder in geldwertem Nutz-
genusse besteht. (Art. 1 I. c.) Gegenstand der Einkommenstener ist aber nur
das durch eine regelmäßige, fortlaufende Erwerbsthätigkeit erzielte Ein-
kommen.
Der Einkommenstener ist hienach unterworfen:
1. Das Einkommen aus Lohnarbeit, und zwar: der nach ein-
facher Tagarbeit bemessene Verdienst der gewöhnlichen Tagelöhner,
Dienstboten, Lohndiener, Handwerksgesellen, Gewerbsgehilfen und Fa-
brikarbeiter, ferner der Verdienst von Schreibern und anderen Personen,
wenn ihr Dienstverhältnis durch den Dienstvertrag nicht für einen Monat
oder länger gesichert ist. (Art. 2 lit. a.)
Den Maßstab der Anlage bei diesem Einkommen aus Lohnarbeit
bildet der orts= oder geschäftsübliche Arbeitsverdienst eines Tages
einschließlich der nach ortsüblichen Preisen anzuschlagenden geldwerten
Naturalbezüge (freie Wohnung, Kost, Kleidung und dergleichen). Er-
folgt die Ablohnung in wöchentlichen oder monatlichen Raten oder in
Stücklöhnen (in Akkord), so ist solche nach diesen Raten bezw. Stück-
löhnen einschließlich der gewährten Naturalbezüge auf den eintägigen
Verdienst zurückzuführen. Beläuft sich der Tagesverdienst eines nach
vorstehender Ziff. 1 Stenerpflichtigen im Durchschnitte höher als auf
zweieinhalb Mark, so erfolgt die Einstenerung nach denjenigen Be-
stimmungen, welche für die unter nachstehenden Ziff. 2 bis 6 aufgeführten
Einkommensgattungen gelten (Art. 7 mit 8).
2. Das Einkommen aus wissenschaftlicher oder künstlerischer Beschäftigung;
insbesondere der Geschäftserwerb aus dem Betriebe der Rechtsanwalt-
schaft, des Notariats, der ärztlichen Praxis, ferner der Verdienst durch
literarische Arbeiten oder durch Erteilung von Unterricht, dann das
Einkommen aus dem Betriebe der Musik und der bildenden Künste,
sowie allen sonstigen Berufsarten, welche wissenschaftliche oder künst-
lerische Vorbildung zu erfordern pflegen, soferne solche nicht wegen ge-
werbemäßiger Ausübung sich zur Einreihung unter die Gewerbesteuer
eignen, endlich der Verdienst der Bezirksgeometer, Gerichtsvollzieher,
seenor- und Gemeinde-Einnehmer, Aichmeister und dergleichen (Art. 2
II. .
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*) Siehe hizu die trefflich kommentierte Ausgabe von Wolfram u. Prenner, welche
um so mehr Beachtung verdient, als ihr Mitverfasser Rechtsrat Wolfram als Mann der Praxis
und als seinerzeitiger Referent in der Abgeordneten kammer in erster Linie be-
rufen erscheint, die Steuergesetze zu kommentieren. Cit.: Wolfram. Ferner siehe die Min.-Bek.
vom 10. August 1899, den Vollzug des Gesetzes vom 9. Juni 1899 über die Einkommensteuer
betr. (Ges.= u. Verordn.-Bl. S. 525 ff.)