Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

716 Anhang III. Nachträge zu Band I und II. 
ausschusse bei seinem nächsten Zusammentritte vorzulegen. Gegen die Entschei— 
dungen des letzteren finden die oben erörterten Rechtsmittel Anwendung Art. 66. 
Weiter statuieren Art. 68 bis 75 die Strafbestimmungen für diejenigen 
sowohl, welche sich einer Steuerhinterziehung im Sinne des Art. 68 schuldig 
machen und daher der Defraudationsstrafe dieses Artikels verfallen, als auch für 
diejenigen, welche sonstigen Verpflichtungen dieses Gesetzes nicht nachkommen und 
daher den in Art. 70 und 71 I. c. bestimmten Ordnungsstrafen unterliegen ½). 
Besonders heben wir hier hervor, daß Gemeindebeamte und Ge- 
meindebedienstete, welche den ihnen nach diesem Gesetze oder den hiezu er- 
lassenen Vollzugsvorschriften obliegenden Verpflichtungen nicht nachkommen, von 
der vorgesetzten Aufsichtsbehörde im Disziplinarwege hiezu anzuhalten und daß 
die Finanzbehörden berechtigt sind, die erforderlichen Leistungen auf Kosten der 
säumigen Beamten vornehmen zu lassen (Art. 74); ferner daß die nach diesem 
Gesetze verhängten Geldstrafen zur Hälfte an den Armenfond oder, wo ein solcher 
nicht besteht, an die Armenkasse desjenigen Ortes fallen, an welchem die bestrafte 
Person steuerpflichtig ist. 
Endlich treffen Art. 76 bis 84 Bestimmungen über die Kosten des Ver- 
fahrens und über die Erhebung der Steuern. Nach Art. 76 sind die auf die 
Einkommensteueranlage erwachsenden Verhandlungen gebührenfrei, und ist in diese 
Gebührenfreiheit das Verfahren vor den Stenerausschüssen infolge von Berufungen 
(nach Art. 49) und von Einsprachen (nach Art. 66) miteingeschlossen; dagegen 
richtet sich die Gebührenpflicht bei der Ergreifung von Rechtsmitteln (Verfahren 
bei der Berufungs= und Oberberufungskommission) nach den allgemeinen Gebühren- 
normen. Im übrigen siehe Art. 77—84. 
Dieses neue Einkommensteuergesetz tritt am 1. Januar 1900 in Wirksam- 
keit und beginnt hienach mit dem Jahre 1900 eine neue Steuerperiode. Für die 
Steuer anlage der mit 1900 beginnenden neuen Steuerperiode gilt jedoch — 
soweit diese in das Jahr 1899 fällt — bereits dieses Gesetz. (Art. 85.) 
8 74. 
Das Kapitalrentensteuergesetz.“) 
Die bayr. Kapitalrentensteuer ist wohl ebenso wie die Einkommensteuer 
eine Ertrags steuer, jedoch ist sie durchaus losgelöst vom Steuersubjekt, ist keine 
Personalsteuer, sondern ausschließlich eine Besteuerung des Steuerobjektes; letzteres 
ist die Kapital-Rente, nicht das Kapital selbst. Demnach ist auch nach Art. 1 
de3 Kapitalrenkensteuergesetzes vom 9. Juni 1899 die Kapitalrentensteuer zu ent- 
richten: 
a) von Zinsen oder Renten aus Reichs= und Staatsanlehen, dann aus 
Anlehen der Gemeinden und anderer öffentlicher Verbände; ferner von 
Zinsen oder Renten aus Prioritäten und Pfandbriefen, Hypotheken- 
forderungen, Grundschulden, Rentenschulden und Bodenzinskapitalien, 
sodann von Zinsen aus Abrechnungs= und Kontokurrentguthaben, Spar- 
kasseguthaben, Dienst= und anderen Kautionen, Hinterlegungsgeldern, 
Vorschüssen, Kaufschillings= und Handscheinforderungen oder sonstigen 
verzinslichen Kapitalsanlagen; 
von den Zinsen, Renten und Dividenden aus Aktien oder Geschäfts- 
anteilen von Unternehmungen jeder Art, welche für Rechnung von 
Aktiengesellschaften oder für Rechnung von Erwerbs= und Wirtschafts- 
genossenschaften betrieben werden ohne Rücksicht darauf, ob das betreffende 
Unternehmen in Bayern oder anderswo einer anderweitigen Steuer 
unterliegt; 
b 
12) Ueber „Hinterziehungsstrafe“ und „Ordnungsstrafe“ siehe Wolfram Anm. 1 und 2 
auch 3 bis 5 zu Art. 68. 
Gel. u. Verordn.-Bl. 1899 Nr. 28 Beil. S. 259 ff.: ferner Min.-Bek. vom 10. August 
1899 „den Vollzug des Gesetzes vom 9. Juni 1899 über die Kapitalrentensteuer betr.“ (Ges. u. 
Verordn.-Bl. S. 591 ff.; Wolfram S. 218 ff.).
	        
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