8 94a. Gesetzestext zu Art. 1 bis 9 der Gemeindeordnung. Art. 1. 69
bindungen und Verkehrsbedingungen für die Gemeinde und ihre nächste Umgebung 2c.
beziehen, schließlich aber offenbar auch solche, die auf oder bezw. gegen politische
z. B. zoll= oder steuer-politische Maßnahmen gerichtet sind und zwar dann und
insoweit, als durch diese letzteren das Interesse der gemeindlichen Bevölkerung oder
der Gemeinde selbst, besonders nach der vermögensrechtlichen Seite hin, berührt
erscheint, wie letzteres beispielsweise bei den mit der beabsichtigten Aenderung der
bestehenden Zoll= oder Steuergesetzgebung gleichfalls einer Aenderung unterliegen-
den Bestimmungen über Erhebung, Höhe oder Einführung (bezw. Aufhebung)
örtlicher Abgaben oder gemeindlicher Verbrauchssteuern der Fall sein kann.
Eine bestimmte Grenze läßt sich hier nicht ziehen, es ist vielmehr von Fall
zu Fall zu entscheiden, ob eine gemeindliche Angelegenheit in dem Sinne gegeben
ist, daß die Gemeinde als solche oder in einem größeren Kreise ihrer Einwohner
von der betr. Sache berührt oder betroffen ist. In jedem Falle muß es
sich aber bei der Ausübung des gemeindlichen Petitionsrechtes um den Schutz und
die Pflege, sowie die Wahrung nicht blos öffentlicher, sondern auch speziell
gemeindlicher Interessen handeln d. h. der Interessen entweder der Gemeinde
selbst als vermögensrechtlichen Subjektes oder als öffentlich-rechtlicher Korporation
oder der Interessen der Gesamtheit oder einzelner Klassen (nicht Einzel-
ner) der Gemeindeeinwohner.
Das oben erwähnte Urteil sagt sehr richtig: „Eine Petition der Gemeinde-
organe (Magistrat, Gemeindekollegium, Gemeindeausschuß) in Sachen der staat-
lichen bezw. Reichsgesetzgebung oder Verwaltung erscheint daher immer dann als
Gemeindeangelegenheit, wenn sie in der Besonderheit der Verhältnisse der örtlichen
Gemeinschaft ihren Ausgangspunkt, in dem Schutz und der Förderung dieser Ver-
hältnisse ihr Ziel hat.“
Speziell werden in politischen d. h. steuer= oder zollpolitischen Fragen auch
dann gemeindliche Petitionen als zulässig erscheinen müssen, „wenn nicht etwa
angenommen werden muß, daß die (zur Begründung der fraglichen Petition) ge-
machten Angaben nur angeführt sind, um als Deckmantel einer (an sich) unzu-
lässigen (gemeindlichen) Einmischung in die praktische Lösung einer großen steuer-
(oder zoll-) politischen Frage zu dienen.“ Es kommt vielmehr darauf an, „daß es
(hauptsächlicher) Gegenstand und (nächster) Zweck der gemeindlichen Petition
ist, die besonderen lokalen Interessen des Verkehrs, des Handels, der Schiffahrt 2c.
der betr. Gemeinde, also hervorragend wichtige materielle Interessen der ge-
meindlichen Bevölkerung nach Maßgabe der besonderen Verhältnisse dieser
(der petitionierenden) Gemeinde in jener steuer= (oder zoll-) politischen Frage zu
vertreten.“ Ist dies der Fall, dann „erscheint der Gegenstand der Petition als
eine Gemeinde angelegenheit", und zwar auch im Sinne des Art. 84 bezw. 130
der Kerichen Gem.-Ordn. (efr. Regers Entsch. Bd. 7, 135 und 136, von Kahr,
S. 53 f.
*5#) Außer den oben in Anm. 1 und Note “ dazu angeführten Abhand-
lungen der Bl. für admin. Pr. vergl. zu Art. 1 noch Bl. für admin. Pr. Bd. 33,
173 ff. über die Haftung der Gemeinden für Handlungen ihrer Beamten, ferner
Bd. 38, 369 ff. über Zwangsvollstreckungen gegen Gemeinden, desgleichen die
nachstehenden Aufsätze in der bayerischen Gemeindezeitung:
a. Jahrgang 1891 S. 565 ff: Die deutsche Gemeinde als Rechtserscheinung
1) Bestandteile des deutschen Gemeindebegriffes.
2) Das Wesen und die juristische Natur der deutschen Gemeinden.
3) Die rechtlichen Eigenschaften der deutschen Gemeinde.
b. Jahrgang 1891 S. 131 ff., 161 ff. und 193 ff.: Das Selbstverwaltungs-
recht der Gemeinden und die Staatsaufsicht über dieselben in ihrer
Entwicklung nach der Gemeindegesetzgebung des rechtsrheinischen Bayern
seit König Maximilian I. (Dr. v. Pölnitz.)
c. Jahrgang 1892 S. 784 und 586 f.: Beteiligung der Gemeinden an
Zwangsversteigerungen. (Münchener Instruktion.)