Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

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erforderlich ist, um die Ver wahrlosung des Minderjährigen zu 
verhüten; 
2. wenn der Minderjährige eine strafbare Handlung begangen hat, 
wegen der er in Anbetracht seines jugendlichen Alters strafrechtlich 
nicht verfolgt werden kann, und die Fürsorgeerziehung mit Nück- 
sicht aui die Beschaffenheit der Handlung, die Persönlichkeit der 
Eltern und sonstigen Erzieher und die übrigen Lebensverhältnisse 
zur Verhütung weiterer sittlicher Verwahrlosung des Minder- 
jährigen erforderlich ist; 
3. wenn die Fürsorgeerziehung außer biesen Fällen wegen Unznu- 
länglichkeit der erziehlichen Einwirkung der Eltern oder sonstigen 
Erzieher oder der Schule zur Verhütung des völligen sittlichen 
Berderbens des Minderjährigen notwendig ist. 
§ 2. Die Fürsorgeerziehung erfolgt unter öffentlicher Aufsicht und 
auf öffentliche Kosten in einer geeigneten Familie oder in einer Erziehungs- 
oder Besserungsanstalt. 
§ 3. Die Unterbringung zur Fürsorgeerziehung erfolgt, nachdem 
das Vormundschaftsgericht durch Beschluß das Vorhandensein der Vor- 
aussetzungen des § 1 unter Bezeichnung der für erwiesen erachteten Tat- 
sachen festgestellt und die Unterbringung angeordnet hat. 
§ 4. Das Vormundschaftsgericht beschließt von Amts wegen oder 
auf Antrag. Zur Stellung des Antrags sind berechtigt und verpflichtet: 
der Landrat, in den Hohenzollernschen Landen der Oberamtmann, 
in Städten mit mehr als 10000 Einwohnern sowie in den nach 
8 28 der Kreisordnung für die Provinz Hannover vom 6. Mai 
1884 (G.-S. S. 181) denselben gleichgestellten Städten auch 
der Gemeindevorstand, 
in Stadtkreisen der Gemeindevorstand und der Vorsteher der 
Königlichen Polizeibehörde. 
Vor der Beschlußfassung soll das Bormundschaftsgericht, soweit dies. 
ohne erhebliche Schwierigkeit geschehen kann, die Eltern, den gesetzlichen 
Vertreter des Minderjährigen und in allen Fällen den Gemeindevorstand, 
den zuständigen Geistlichen und den Leiter oder Lehrer der Schule, welche 
der Minderjährige besucht, hören, auch hat, wenn die Beschlußfassung 
nicht auf Antrag erfolgt, das Vormundschaftsgericht zuvor dem Landrat 
(Oberamtmanne, Gemeindevorstande, Vorsteher der Königlichen Polizei- 
behörde) unter Mitteilung der Akten Gelegenheit zu einer Aeußerung 
zu geben. 
Der Beschluß ist dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen, 
diesem selbst, wenn er das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, dem Landrat 
(Oberamtmanne, Gemeind evorstand, Vorsteher der Königlichen Polizei- 
behörde) und dem verpflichteten Kommunalverbande (8 14) zuzustellen. 
Gegen den Beschluß steht den im Abs. 3 Genannten die sofortige 
Beschwerde zu, dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen oder diesem 
selbst jedoch nur dann, wenn der Beschluß auf Unterbringung zur Für- 
sorgeerziehung lautet. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. 
§ 5. Bei Gefahr im Berzuge kann das Vormundschaftsgericht eine-
	        
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