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vorläusige Unterbringung des Minderjährigen anordnen. Die Polizei-
behörde des Aufenthaltsorts hat in diesem Falle für die Unterbringung
des Minderjährigen in eimr Anstalt oder in einer geeigneten Familie zu sorgen.
Die durch die vorläufige Unterbringung erwachsenden Kosten fallen,
sofern die Ueberweisung zur Fürsorgeerziehung demnächst endgültig an-
geordnet wird, dem verpflichteten Kommunalverbande (§ 14), anderenfalls
demjenigen zur Last, welcher die Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung
zu tragen hat. Die Polizeibehörde hat in allen Fällen die durch die
vorläufige Unterbringung entstehenden Kosten vorzuschießen.
Streitigkeiten über die Angemessenheit der dem Erstattugspflichtigen
in Rechnung gestellten Vorschüsse der Polizeibehörde entscheidet der Bezirks-
ausschuß im Beschlußverfahren. Der Beschluß des Bezirksausschusses ist
endgültig.
8 17. Die Kommunalverbände haben für die Ausführung der
Fürsorgeerziehung und für die Verwaltung der von ihnen errichteten Er-
ziehungs- und Besserungsanstalten Reglements zu erlassen.
Die Reglements bedürfen der Genehmigung der Minister des Innern
und der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten in betreff
derjenigen Bestimmungen, welche sich auf die Aufnahme, die Behandlung,
den Unterricht und die Entlassung der Zöglinge beziehen.
Hinsichtlich der Privatanstalten behält es bei den bestehenden Vor-
schriften sein Bewenden.
§ 21. Wer, abgesehen von den Fällen der 88 120, 235 des
Strafgesetzbuches, einen Minderjährigen, bezüglich dessen das gerichtliche
Verfahren auf Unterbringung zur Fürsorgeerziehung eingeleitet oder die
Unterbringung zur Fürsorgeerziehung angeordnet ist, dem Verfahren oder
der angeordneten Fürsorgeerziehung entzieht, oder ihn verleitet, sich dem Ver-
fahren oder der Fürsorgeerziehung zu entziehen, oder wer ihm hierzu
vorsätzlich behilflich ist, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und
mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft.
Der Versuch ist strafbar.
8 22. Der Minister des Innern ist mit der Ausführung dieses
Gesetzes beauftragt.#)
§ 23. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1901 in Kraft.
Mit dem gleichen Zeitpunkte wird das Gesetz vom 13. März 1878,
betreffend die Unterbringung verwahrloster Kinder aufgehoben.
Kommunalverbände, welche zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes
über geeignete Anstalten nicht in ausreichendem Maße verfügen, sollen bis
zum 1. April 1903 bei der Unterbringung der Zöglinge den im § 10
Abs. 1 dieses Gesetzes ausgesprochenen Beschränkungen nicht unterliegen.
Urkundlich rc.
3. Ministerialverordnung, betreffend die polizeiliche Ueberwachung von
Dflege- und Siehkindern, vom 20. März 1896 (M.--Bl. S. 67.) 7
1) Von den überaus zahlreichen Ausführ# b ¾l namenttich
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