Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

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allgemein, ist der 2. April mit den im vorigen Paragraph angenommenen 
Bestimmungen wegen der Sonn= und Festtage die gesetzliche Anziehzeit. 
s 44. Die gesetzlichen oder nach § 43 auf landüblichen Gewohn- 
heiten beruhenden Antrittstage für das neue Gesinde find zugleich die 
Abzugslage für das alie. Kein Gesinde darf den Dienst wider Willen 
der Herrschaft früher verlassen, es sei denn, daß seine Dienstzeit nach aus- 
drücklicher gegenseitiger Uebereinkunft früher beendigt wäre. 
§ 45. Nach einmal gegebenem und genommenem Mietsgelde ist 
die Herrschaft schuldig, das Gefinde anzunehmen und letzteres den Dienst 
zur bestimmten Zeit anzutreten. 
§ 46. Weder der eine noch der andere Teil kann sich davon durch 
Ueberlassung oder Zurückgabe des Mietsgeldes losmachen. 
§ 47. Beigert sich die Herrschaft das Gefinde anzunehmen, so 
verliert sie das Mietsgeld, und muß Gesinde ebenso schadlos halten, wie 
auf den Fall, wenn das Gesinde unter der Zeit ohne rechtlichen Grund 
entlassen worden, unten verordnet wird. (8§ 160 sear.) 
§ 48. Doch kann die Herrschaft von dem Vertrage vor Antritt des 
Dienstes aus eben den Gründen abgehen, aus welchen sie berechtigt sein 
würde, das Gesinde vor Ablauf der Dienstzeit zu entlassen. (8 117 sep.) 
§ 49. Auch ist sie dazu berechtigt, wenn das Gesinde zuerst den 
Dienst anzutreten sich geweigert hat. 
§ 50. In beiderlei Fällen kann die Herrschaft das gegebene Miets- 
geld zurückfordern. 
§ 51. Weigert sich das Gefinde den Dienst anzutreten, so muß es 
dazu von der Obrigkeit durch Zwangsmittel angehalten werden. Bleiben 
diese fruchilos und ist die Herrschaft deshalb genötigt, einen anderen Dienst- 
boten zu mieten, so muß das Gesinde nicht allein den Schaden, welcher 
der Herrschaft hierdurch erwächst, ersetzen und das Mietsgeld zurückgeben, 
sondern es verfällt noch Überdies in eine Strafe, die nach Maßgabe der 
Verschuldung auf zwei bis zehn Taler, oder bei Unvermögenden auf ver- 
hältnismäßiges Gefängnis festzusetzen ist. 
§ 52. Kann jedoch das Gesinde nachweisen, daß die Herrschaft im 
letztverslossenen Dienstjahre sich solche Handlungen habe zuschulden 
kommen lassen, wodurch es nach §§ 136—140 zur Verlassung des Dienstes 
ohne Aufkündigung berechtigt werden würde, so kann dasselbe zum An- 
tritt nicht gezwungen werden, sondern ist nur gehalten, das Mietsgeld 
zurück zu zahlen. 
§ 53. Wird das Gesinde durch Zufall ohne seine Schuld, den 
Dienst anzutreten verhindert, so muß die Herrschaft mit Zurückgabe des 
Mietsgeldes sich begnügen. 
§ 54. Erhält weibliches Gesinde vor dem Antritte der Dienstzeit 
Gelegenheit zu heiraten, so steht demselben frei, eine andere taugliche 
Person zur Versehung des Dienstes an seiner Statt zu stellen. 
§ 55. Ist es dazu nicht imstande, so muß auch dergleichen Gesinde 
den Dienst in Städten auf ein Biertel- und bei Landwirtschaften auf ein 
halbes Jahr antreten.
	        
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