— 333 —
Herrschaft Bestes zu befördern, Schaden und Nachteil aber, so viel an ihm
ist, abzuwenden.
§ 71. Bemerkte Untreue des Nebengesindes ist es der Herrschaft an-
zuzeigen verbunden.
§ 72. Verschweigt es dieselbe, so muß es für allen Schaden, welcher
durch die Anzeige hätte verhütet werden können, bei dem Unvermögen des
Hauptschuldners selbst haften.
§ 73. Allen häuslichen Einrichtungen und Anordnungen der Herr-
schaft muß das Gefinde sich unterwerfen.
§ 74. Ohne Vorwissen und Genehmigung der Herrschaft darf es
sich auch in eigenen Angelegenheiten vom Hause nicht entfernen.
§ 75. Die dazu von der Herrschaft gegebene Erlaubnis darf nicht
lberschritten werden.
§ 76. Die Befehle der Herrschaft und ihre Verweise muß das Ge-
sinde mit Ehrerbietung und Bescheidenheit annehmen.
§ 77. Reizt das Gesinde die Herrschaft durch ungebührliches Be-
tragen zum Zorn, und wird in selbigem von ihr mit Scheltworten oder
geringen Tätlichkeiten behandelt, so kann es dafür keine gerichtliche Ge-
nugtuung fordern.
§ 78. Auch solche Ausdrücke oder Handlungen, die zwischen anderen
Personen als Zeichen der Geringschätzung anerkannt find, begründen gegen
die Herrschaft noch nicht die Vermutung, daß sie die Ehre des Gesfindes
dadurch habe kränken wollen.
§ 79. Außer dem Falle, wo das Leben oder die Gesundheit des
Dienstboten durch Mißhandlungen der Herrschaft in gegenwärtige und un-
vermeidliche Gefahr gerät, darf er sich der Herrschaft nicht tätig widersetzen.
§ 80. Vergehungen des Gefindes gegen die Herrschaft müssen mit
Gefängnis oder öffentliche Strafarbeit nach den Grundsätzen des Kriminal-
rechts geahnder werden.
§ 81. Auf die Zeit, durch welche das Gesinde wegen Erleidung
solcher Strafen seine Dienste nicht verrichten kann, ist die Herrschaft befugt,
dieselben durch andere auf dessen Kosten besorgen zu lassen.
Pflichten der Herrschaft.
§ 82. Die Herrschaft ist schuldig, dem Gesinde Lohn und Kleidung
zu den bestimmten Zeiten ungesäumt zu entrichten.
§ 83. Ist auch Kost versprochen worden, so muß selbige bis zur
Sättigung gegeben werden. Offenbar der Gesundheit nachteilige und
ekelhafte Speisen kann das Gefinde anzunehmen nicht gezwungen werden.
In Fällen, wo über die Beköstigung Streit entsteht, entscheidet in Er-
mangelung bestimmter Verabredung die Polizeiobrigkeit, wie § 33, über
die Menge und Beschaffenheit derselben.
§ 84. Die Herrschaft muß dem Gefinde die nötige Zeit zur Ab-
wartung des öffentlichen Gottesdienstes lassen, und dasselbe dazu fleißig
anhalten.
§ 85. Sie muß ihm nicht mehrere noch schwerere Dienste zumuten,
als das Gefinde nach seiner Leibesbeschaffenheit und seinen Kräften ohne
Verlust seiner Gesundheit bestreiten kann.