Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

— 334 — 
8 86. Zieht ein Dienstbote sich durch den Dienst oder bei Gelegen- 
heit desselben eine Krankheit zu, so ist die Herrschaft schuldig, für eine 
Kur und Verpflegung zu sorgen. 
§ 87. Dafür darf dem Gesinde an seinem Lohne nichis abgezogen 
werden. . 
§ 88. Außerdem ist die Herrschaft zur Vorsorge für kranke Dienst- 
boten nur alsdann verpflichtet, wenn dieselben keine Verwandten in der 
Nähe haben, die sich ihrer anzunehmen vermögend und nach den Gesetzen 
schuldig find. 
8 89. BWeigern sich die Verwandten dieser Pflicht, so muß die 
Herrschaft dieselbe einstweilen, und bis zum Austrage der Sache, mit 
Vorbehalt ihres Rechis übernehmen. 
§ 90. Sind öffentliche Anstalten vorhanden, wo dergleichen Kranke 
aufgenommen werden, so muß das Gefsinde es sich gefallen lassen, wenn 
die Herrschaft seine Unterbringung daselbst veranstaltet. 
§ 91. In dem in 8 88 bestimmten Falle kann die Herrschaft die 
Kurkosten von dem auf diesen Zeitraum fallenden Lohne des kranken 
Dienstboten abziehen. 
§ 92. Dauert eine solche Krankheit über die Dienstzeit hinaus, so 
hört mit dieser die äußere Verbindlichkeit der Herrschaft auf. für die Kur 
und Pflege des kranken Dienstboten zu sorgen. 
§ 93. Doch muß sie davon der Obrigkeit des Orts inzeiten 
Anzeige machen, damit diese für das Unterkommen eines dergleichen ver- 
lassenen Kranken sorgen könne. 
§ 94. Untier den Umständen, wo ein Machtgeber einen dem Be- 
vollmächtigten bei Ausrichtung der Geschäfte durch Zufall zugestoßenen 
Schaden vergüten muß, ist auch die Herrschaft schuldig, für das in ihrem 
Dienste oder bei Gelegenheit desselben zu Schaden gekommene Gesinde 
auch über die Dienstzeit hinaus zu sorgen (Teil I Tit. 13, 85 80—81). 
§ 95. Diese Pflicht erstreckt sich jedoch nur auf die Kurkosten und 
auf den notdürftigen Unterhalt des Gesindes, so lange bis dasselbe sich 
sein Brot selbst zu verdienen wieder in den Stand kommt. 
§ 96. Ist aber der Dienstbote durch Mißhandlungen der Herrschaft 
ohne sein grobes Verschulden an seiner Gesundheit beschädigt worden, so 
hat er von ihr vollständige Schadloshaltung nach den allgemeinen Vor- 
schriften des Gesetzes zu fordern. 
§ 97. Auch für solche Beschimpfungen und üble Nachreden, wodurch 
dem Gesinde sein künftiges Fortkommen erschwert wird, gebührt demselben 
gerichtliche Genugtuung. 
§ 98. Inwiefern eine Herrschaft durch Handlungen des Gesindes 
in oder außer dem Dienste verantwortlich werde, ist gehörigen Orts be- 
stimmt (Teil I, Tit. 6, § 60 seg.). 
Aufhebung des Vertrages durch den Tod. 
§ 99. Stirbt ein Dienstbote, so können seine Erben Lohn und 
Kostgeld nur so weit fordern, als selbiges nach Verhältnis der Zeit bis 
zum Krankenlager rückständig ist.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.