Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

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nicht ausreichen, um den Dienstherrschaften die erforderliche Kenntnis von 
der sittlichen Führung des Gesindes zu verschaffen, so verordnen Wir, 
nach Anhörung Unserer getreuen Stände auf den Antrag Unseres Staats- 
ministeriums, für den ganzen Umfang Unserer Monarchie, was folgt: 
§ 1. Jeder Dienstbote, welcher nach Publikation dieser Verordnung 
in Gesindedienste tritt oder die Dienstherrschaft wechselt, ist verpflichtet, sich 
mit einem Gesindebuche zu versehen. 
G 2 ist aufgehoben durch Gesetz vom 21. Februar 1872, . Nr. 5.) 
5 3. Vor Antritt des Dienstes hat der Dienstbote das Gesinde- 
buch der Polizeibehörde des Aufenthaltsorts zur Ausfertigung vorzulegen. 
An solchen Orten, wo keine Polizeibehörde ihren Sitz hat, kann die Aus- 
fertigung der Gesindedienstbücher den Dorfgerichten (in den westlichen Provinzen 
den Gemeindevorstehern) durch den Landrat üÜbertragen werden, welcher 
auch befugt ist, diese Ermächtigung zurückzunehmen. 
§ 4. Beim Dienstantritt ist das Gesindebuch der Dienstherrschaft 
zur Einsicht vorzulegen. Sollte das Gesinde die Vorlegung des Gesinde- 
buchs verweigern, so sleht es bei der Dienstherrschaft, entweder dasselbe 
seines Dienstes zu entlassen, oder die Weigerung der Polizeibehörde an- 
zuzeigen, welche alsdann gegen das Gesinde eine Ordnungsstrafe bis zu 
2 Rtlr. oder verhältnismäßige [Gefängnis--] Haftstrafe festzusetzen hat. 
§ 5. Bei Entlassung des Gefindes ist von der Dienstherrschaft ein 
vollständiges Zeugnis über die Führung und das Benehmen desselben 
in das Gefindebuch einzutragen. Schreibensunkundige haben mit dieser 
Eintragung eine glaubhafte Person zu beauftragen, welche diesen Auftrag 
mit ihrer Namensunterschrift bescheinigen muß. Weigert sich eine Dienst- 
herrschaft, dieser Verpflichtung zu genügen, so ist sie dazu von der Polizei- 
behörde durch eine ihr vorher anzudrohende Geldstrafe von 1 bis 5 Rtlr. 
anzuhalten. 
§ 6. Wird ein Dienstbote wegen eines Verbreches bestraft, so hat 
die Untersuchungsbehörde das Gesindebuch von demselben einzufordern 
und darin die erfolgte Bestrafung aktenmäßig einzutragen. 
§ 7. Geht ein Gesindebuch verloren, so wird die Polizeibehörde 
des Orts, wo das Gesinde dient, oder, wenn es zurzeit dienstlos ist, 
die Polizeibehörde des Orts, wo es zuletzt gedient hat, auf geschehene 
Anzeige und nähere Ermittelung der obwaltenden Umstände, die Aus- 
fertigung eines neuen Gefindebuchs veranlassen, in welchem der Verlust des 
frühern jedesmal ausdrücklich angemerkt werden muß. Die dadurchentstehenden 
Kosten sind von demjenigen einzuziehen, welcher den Verlust verschuldet hat. 
§ 8. Der Dienstbote, welchem ein ungünstiges Zeugnis erteilt 
worden ist, kann auf die Ausfertigung eines neuen Gesindebuchs antragen, 
wenn er nachweist, daß er sich während zweier Jahre nachher tabellos und 
vorwurfsfrei geführt habe. 
§ 9. Ist die Ausfertigung eines neuen Gesindebuchs notwendig, 
weil in dem bisherigen bereits sechs Zeugnisse eingetragen find, so kann 
das Gesinde verlangen, daß das bisherige Gesindebuch dem neuen vor- 
geheftet werde. « 
Urkundlich rc.
	        
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