Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

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13. Süßstoffgesetz, vom 7. Juli 1902. (R.-G.-Bl. S. 258.) 
Wir Wilhelm, von Goties Gnaden Deutscher Kaiser, König von 
Preußen rc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung 
des Bundesrats und des Reichstags, was folgt: 
§ 1. Süßstoff im Sinne dieses Gesetzes find alle auf künstlichem 
Wege gewonnenen Stoffe, welche als Süßmittel dienen können und eine 
höhere Süßkraft als raffinierter Rohr- oder Rübenzucker, aber nicht ent- 
sprechenden Nährwert besitzen. 
§ 2. Soweit nicht in den 98 3 bis 5 Ausnahmen zugelassen find, 
ist es verboten: 
a) Süßstoff herzustellen oder Nahrungs- oder Genußmitteln bei deren 
gewerblicher Herstellung zuzusetzen; 
b) Süßstoff oder sfüßstoffhaltige Nahrungs= oder Genußmittel aus 
dem Ausland einzuführen; 
e) Süßstoff oder füßstoffhaltige Nahrungs= oder Genußmittel feilzu- 
halten oder zu verkaufen. 
§ 3. Nach näherer Bestimmung des Bundesrats ist für die Her- 
stellung oder die Einfuhr von Süßstoff die Ermächtigung einem ober 
mehreren Gewerbetreibenden zu geben. 
Die Ermächtigung ist unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs 
zu erteilen und der Geschäftsbetrieb des Berechtigten unter dauernde 
amtliche Ueberwachung zu slellen. Auch hat der Bundesrat in diesem 
Falle zu bestimmen, daß bei dem Verkaufe des Süßstoffs ein gewisser 
Preis nicht überschritten werden, sowie ob und unter welchen Bedingungen 
eine Ausfuhr von Süßfstoff in das Ausland erfolgen darf. 
§4. Die Abgabe des gemäß § 3 hergestellten oder eingeführten 
Süßstoffs im Inland ist nur an Apotheken und an solche Personen ge- 
stattet, welche die amtliche Erlaubnis zum Bezuge von Süßstoff besitzen. 
Diese Erlaubnis ist nur zu ertheilen: 
a) an Personen, welche den Süßstoff zu wissenschaftlichen Zwecken 
verwenden wollen; 
b) an Gewerbetreibende zum Zwecke der Herstellung von bestimmten 
Waren, für welche die Zusetzung von Süßstoff ans einem die 
Berwendung von Zucker ausschließenden Grunde erforderlich ist; 
e) an Leiter von Kranken-, Kur-, Pflege= und ähnlichen Anstalten 
zur Verwendung für die in der Anstalt befinblichen Personen: 
d) an die Inhaber von Gast- und Speisewirtschaften in Kurorten, 
deren Besuchern der Genuß mit Zucker verfüßter Lebensmittel 
ärztlicherseits untersagt zu werden pflegt, zur Verwendung für 
die im Orte befindlichen Personen. 
Die Erlaubnis ist ferner nur unter Vorbehalt jederzeitigen Wiber- 
rufs und nur dann zu erteilen, wenn die Berwendung des Süßstoffs zu 
den angegebenen Zwecken ausreichend überwacht werden kann. 
§ 5. Die Apotheken dürfen Süßsioff außer an Personen, welche 
eine amtliche Erlaubnis (§ 4) besiten, nur unter den vom Bundesrate 
festenstellenden Bedingungen abgeben. 
Die im § 4 Abs. 2 zu d benannten Bezugsberechtigten dürfen den
	        
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