Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

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§ 116. Der Verhafteie soll, soweit möglich, von anderen gesondert 
und nicht in demselben Raume mit Strafgefangenen verwahrt werden. 
Dem Verhafteten dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, 
welche zur Sicherung des Zweckes der Haft oder zur Aufrechterhaltung 
der Ordnung im Gefängnisse notwendig sind. 
Bequemlichkeiten und Beschäftigungen, die dem Stande und den 
Vermögensverhältnissen des Verhafteten entsprechen, darf er sich auf seine 
Kosten verschaffen, soweit sie mit dem Zwecke der Haft vereinbar find und 
weder die Ordnung im Gefäugnisse stören, noch die Sicherheit gefährden. 
Fesseln dürfen im Gefängnisse dem Verhafteten nur dann angelegt 
werden, wenn es wegen besonderer Gefährlichkeit seiner Person, namentlich 
zur Sicherung Anderer, erforderlich erscheint oder wenn er einen Selbst- 
entleibungs= oder Entweichungsversuch gemacht oder vorbereitet hat. Bei 
der Hauptverhandlung soll er ungefesselt sein. 
Die nach Maßgabe vorstehender Bestimmungen erforderlichen Ver- 
fügungen hat der Richter zu treffen. Die in dringenden Fällen von 
anderen Beamten getroffenen Anordnungen unterliegen der Genehmigung 
des Richters. 
§ 117. Ein Angeschuldigter, dessen Berhaftung lediglich wegen des 
Verdachts der Flucht angeordnet ist, kann gegen Sichecheitsleistung mit 
der Untersuchungshaft verschont werden. 
5 118. Die Sicherheilsleistung ist durch Hinterlegung in barem 
Gelde oder in Wertpapieren oder durch Pfandbestellung oder mittelst 
Bürgschaft geeigneter Personen zu bewirken. 
Die Höhe und die Art der zu leistenden Sicherheit wird von dem 
Richter nach freiem Ermessen festgesegt. 
§ 119. Der Ayugeschuldigte, welcher seine Freilassung gegen Sicher- 
heitleistung beantragt, ist, wenn er im Deutschen Reiche wohnt, verpflichtet, 
eine im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnhafte Person zur Empfang- 
nahme von Zustellungen zu bevollmächtigen. 
§ 120. Der Sicherheitsleistung ungeachtet ist der Angeschuldigte 
zur Haft zu bringen, wenn er Anstallen zur Flucht trifft, wenn er auf 
ergangene Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder wenn 
neu hervorgetretene Umstände seine Verhaftung erforderlich machen. 
§ 121. Eine noch nicht verfallene Sicherheit wird frei, wenn der 
Angeschuldigte zur Haft gebracht oder wenn der Haftbefehl aufgehoben 
worden ist oder wenn der Antritt der erkannten Freiheitsstrafe erfolgt. 
Diejenigen, welche für den Angeschuldigten Sicherheit geleistet haben, 
können ihre Befreiung dadurch herbeiführen, daß sie entweder binnen 
einer vom Gericht zu bestimmenden Frist die Gestellung des Angeschuldigten 
bewirken oder von den Tatsachen, welche den Verdacht einer vom An- 
geschuldigten beabsichtigten Flucht begründen, rechtzeitig dergestalt Anzeige 
machen, daß die Verhaftung bewirkt werden kann. 
§ 122. Eine noch nicht frei gewordene Sicherheit verfällt der 
Staa#lskasse, wenn der Angeschuldigte sich der Untersuchung oder dem 
Antritt der erkannten Freiheitsstrafe entzieht. 
Vor der Entscheidung sind der Angeschuldigte, sowie diejenigen,
	        
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