Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

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um ein Berbrechen oder Vergehen haudelt, auf erneuten Antrag der 
Staalsanwaltschaft um fernere zwei Wochen verlängert werden. 
§ 127. Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so 
ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Persönlichkeit nicht sofort 
sestgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auck ohne richterlichen 
Befehl vorläufig festzunehmen. 
Die Staatsanwaltschaft und die Polizei= und Sicherheitsbeamten 
sind auch dann zur vorläufigen Festnahme befugt, wenn die Voraus- 
setzungen eines Haftbefehls vorliegen und Gefahr im Berzuge obwaltet. 
Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung nur auf Antrag ein- 
tritt, ist die vorläufige Festnahme von der Stellung eines solchen Antrags 
nicht abhängig. 
§ 128. Der Festgenommene ist unverzüglich, sofern er nicht wieder 
in Freiheit gesetzt wird, dem Amtsrichter des Bezirks, in welchem die 
Festnahme erfolgt ist, vorzuführen. Der Amtsrichter hat ihn spätestens 
am Tage nach der Vorführung zu vernehmen. 
Hält der Amtsrichter die Festnahme nicht für gerechtfertigt oder die 
Gründe derselben für berechtigt, so verordnet er die Freilassung. Anderen- 
falls erläßt er einen Haftbefehl, auf welchen die Bestimmungen des § 126 
Anwendung finden. 5) 
8 129. Ist gegen den Festgenommenen bereits die öffentliche Klage 
erhoben, so ist derselbe entweder sofort oder auf Verfügung des Amts- 
richters, welchem derselbe zunächst vorgeführt worden, dem zuständigen 
Gericht oder Untersuchungsrichter vorzuführen und haben diese spätestens 
am Tage nach der Vorführung über Freilassung oder Verhaftung des 
Festgenommenen zu entscheiden. 
§ 130. Wird wegen Verdachts einer strafbaren Handlung, deren 
Berfolgung nur auf Antrag eintritt, ein Haftbefehl erlassen, bevor der 
Antrag gestellt ist, so ist der Antragsberechtigte, von mehreren wenigstens 
einer dekselben, sofort von dem Erlaß des Haftbefehls in Kenntnis zu 
setzen. Auf den Haftbefehl finden die Bestimmungen des § 126 gleich- 
falls Anwendung. 
§ 131. Auf Grund eines Haftbefehls können von dem Richter, 
sowie von der Staatsanwaltschaft Steckbriefe erlassen werden, wenn der 
zu Verhaftende flüchtig ist oder sich verborgen hält. 
Ohne vorgängigen Haftbefehl ist eine steckbriefliche Verfolgung nur 
dann statthaft, wenn ein Festgenommener aus dem Gefängnis entweicht 
oder sonst sich der Bewachung entzieht. In diesem Falle sind auch die 
Polizeibehörden zur Erlassung des Steckbriefes befugt. 
Der Steckbrief soll, soweit dies möglich, eine Beschreibung des zu 
Verhaftenden enthalten und die demselben zur Last gelegte strafbare Hand- 
lung, sowie das Gefängnis bezeichnen, in welches die Ablieferung zu er- 
folgen hat. 
§ 132. Ist jemand auf Grund eines Haftbefehls oder eines 
Steckbriefes ergriffen worden und kann er nicht spätestens am Tage nach 
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