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2. Reglement, betr. die vorläufige Entlassung von Strafgefangenen
vom 21. Januar 1871. (M.-Bl. S. 47.)
Zur Ausführung der §8§ 23 bis 26 des Strafgesetzbuchs für den Nord-
d vom 31. Mai 1870 wird in bezug auf die vorläufige Entlassung
# trafgefangenen, sowie auf deren Beaufsichtigung 2c. das Nachfolgende
mmt:
1. Hinsichtlich der Zulässigkeit der vorläufigen Entlassung macht es
reinen i#t ied, ob die Strafe vor oder nach dem 1. Januar ibn erkannt
worden ist.
8 2. Die vorläufige Entlassung kann von dem Gefangenen niemals als
ein Recht in Anspruch genommen werden.
Sie hat vielmehr den Charakter einer Vergünstigung, welche von den
deirrffenden Gefängussvorstenden nur dann zu beantragen ist, wenn bei ihnen
die Ueberzeugung besteht, daß der Gefangene sich gebessert habe und die ihm
durch die vorläufige Entlassung gebotene Gelegenheit zum Wiederbeginn eines
ehrenhaften und gesetzmäßigen Lebenswandels nicht mißbrauchen werde.
8§ 10. Bei Ausführung der Entlassung kommen die nachfolgenden Be-
stimmungen zur Anwendung:
1. Dem Gefangenen wird zu Protokoll eröffnet, daß er in Gemäßheit
der §8§ 23 f. des Sweet nur mit Vorbehalt des Widerrufs
en#lassen werde, und daß er die Wiedereinlieferung zur Abbüßung
des bei der Entlassung unvollstreckt gebliebenen Teils der urteils-
mäßigen Strafzeit zu Pewärt en habe, falls er bis zum Ablaufe der
letzteren sich einer 14 echten Führung schuldig machen oder den ihm
nach Nr. 2 dieses Paragraphen erteilten Verhaltungsvorschriften zu-
widerhandeln sollte.
2. Zu seiner Legitimation wird dem Gefangenen ein Entlafsungsausweis
mit Reiseroute nach dem Entlassungsorte in Form des beiliegenden
ormulars behändigt, auf dessen Rüxzeit= die Vorschriften für sein
erhalten abgedruckl find. ç ê½)—
Das Duplikat des Entlassungsausweises wird mit der Entlassungs-
verhandlung (Nr. 1) den bei der Anstaltsregistratur verbleibenden
ersonalakten des Gefangenen einverleibt.
3. In bezug auf die Abrechnung mit dem Gefangenen wegen des für
ihn asservierten Arbeitsverdienstes resp. sonstigen Privateigentums,
sowie rtwaiger Gewährunh von Reiseunterstützung an denselben, kommen
ie für die Entlassung der Gefangenen nach verbüßter Stoste be-
stehenden Vorschriften mit der Maßgabe zur Anwendung, daß dem
vorläufig Entlassenen von dem für ihn asservierten Gelde niemals
ein höherer als derieuige Betrag bar ausgezahlt werden darf, dessen
derselbe zur Reise nach dem Entlassungsorte auf der vorgeschriebenen
Route unumgänglich bedarf Der Rest des asservierten Geldes wird
auf Kosten des Gefangenen an die Polizeibehörde des Entlassungs-
ortes abgesandt, welche zu weiteren Zahlungen an denselben nur
insoweit ermächtigt ist, als sie die Ueberzeugung von der Angemessenheit
der beabsichtigten Verwendung gewinnen kann.
4. Von der erfolgten Ertlassung wird seitens des Anstaltsvorstandes zu
den Untersuchungsakten Nachricht gegeben, außerdem aber unter Zu-
ertigung einer Abschrift des zues ur der Polizeibehörde
7ßes Entlassungsortes, und, falls diese der Aufsicht des Landrats unter-
liegt, auch dem lepteren Mitteilung gemacht.
Trifft der Gefüngene innerhalb der vorgeschriebenen Frist an dem
Entlassungsorte nicht ein, so ist seitens der Ortspolizeibehörde des
letzteren nach Maßgabe des § 14 dieser Verfügung zu verfahren.
§ 11. Der vorläufig entlassene Gefangene tritt mit dem Tage der Ent-
lasung und bis zum Ablaufe der in dem Straferkenntnisse sestnesetzten Strafzeit
unter spezielle volt eiliche Kontrolle, welche den Zweck hat, ihn fortdauernd und
in amer Enn von dem Mißtrau e der ihm durch die Entlassung zuteil