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vielmehr müssen diejenigen, welche von einem solchen Todesfall zuerst Kenntnis
erhalten, denselben unverzüglich der Polizeiobrigkeit, bzw. in Städten dem
Magistrate, auf Dörfern aber, wenn die Polizeibehörde nicht am Orte wohnt
oder nicht anwesend ist, dem Schulzen oder Ortsgerichte melden. Der Schulze
oder das Ortsgericht hat unverzüglich ein derartiges Ereignis der vorgesetzten
Polizeibehörde anzuzeigen, wenn aber deren schleunige Herbeikunft nicht möglich
ist, gemeinschaftlich mit dem Gerichts- oder Gemeindeschreiber die unter Nr. 3
folgende Vorschrift unverzüglich auszuführen.
2. Nach § 150 a. a. O. muß eine solche Anzeige auch geschehen, wenn ein
uneheliches Kind tot zur Welt gekommen oder binnen 24 Stunden nach der
Geburt verstorben, auch bei der Entbindung weder eine Hebamme noch eine
andere ehrbare Frau zugegen gewesen ist.
3. Von der Polizeiverwaltung und in dringenden Fällen vom Ortsgerichte
mit Zuziehung des Gemeindeschreibers, ist in Gemäßheit des § 151 a. a. O.
unmittelbar nach den sub Nr. 1 und 2 vorgedachten Anzeigen, die Leiche genau
zu besichtigen, die Person des Verstorbenen zu ermitteln, auch sorgfältig zu
untersuchen, ob die Leiche Verletzungen oder sonstige Spuren an sich trägt,
welche auf eine gewaltsame oder sonst ungewöhnliche Todesart, ferner auf eine
bestimmte Ursache des Todes, namentlich einen etwaigen Selbstmord oder die
auf Absicht oder Fahrlässigkeit beruhende Schuld eines Dritten schließen lassen.
Gleichzeitig find die Angehörigen des Toten oder die Personen, welche bei
dem Tode zugegen waren, kurz vorher den Verstorbenen gesehen oder welche
die Leiche aufgefunden haben, über ihre Wissenschaft und Ansicht, bezüglich der
Todesursache, gehörig zu befragen.
Die Ergebnisse der Leichenbesichtigung und die Aussagen der vernommenen
Personen find mit pflichtmäßiger Sorgfalt und Genauigkeit in eine Verhandlung
aufzunehmen. Diese Verhandlung ist, wenn im Gerichtsbezirke, zu welchem die
Ortschaft gehört, der kompetente Staatsanwalt seinen Sitz hat, unmittelbar an
den Staatsamwalt, im entgegengesetzten Falle aber an das Kreisgericht oder
die Kreisgerichtskommission, zu deren gerichtlichem Bezirke die Ortschaft gehört,
so schleunig als irgend möglich zu befördern.
Bis zur weiteren Bestimmung der Staatsanwaltschaft, bzw. der vorge-
dachten Gerichtsbehörde, ist die Beerdigung der Leiche auszusetzen und dieselbe
(und zwar auf dem Lande unter Aufsicht der Dorfgerichte) sorgfältig aufzu-
bewahren, auch nach Möglichkeit zu verhüten, daß dieselbe durch Fäulnis, Un-
geziefer oder auf andere Weise schneller als gewöhnlich zerstört oder eine sonstige
zur Verdunkelung des Tatbestandes dienende Veränderung an dem Körper vor-
genommen werde.
Sollte bei einer leblos gefundenen Person die Möglichkeit der Wieder-
belebung noch vorhanden sein, so muß die hierzu nötige Hilfe unter Herbeiholung
eines Arztes ohne den geringsten Zeitverluft geleistet werden.
5. Dolizeiverordnung, betr. das Derbot der Beisetzung von Leichnamen
in NKirchengrüften, sowie die Sicherung der Gräber, vom I1. August 1824.
(Amtsbl. S. 239.)
Es ist in der neuesten Zeit bekannt geworden, daß noch immer in den
Grüften der Kirchen menschliche Leichname beigesetzt werden. Dies ist durch den
*s 184, Titel XI, Teil II des Allgemeinen Landrechts unbedingt verboten, und
wird solches mit der Bedeutung erinnerlich gemacht: daß jede Vernachlässigung
dieses Verbotgesetzes künftig mit einer polizeilichen Strafe von 3 bis 5 Talern,
welche sowohl die Angehörigen des beigesetzten Leichnams, als den Geistlichen
Kot#ze, Die Polizelverordn. im R.-B. Liegnit, Bd. II. Teil II. 7