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schien — stellte Bismarck dem Grafen Rechberg vor: „Es ist
für beide deutsche Mächte nicht ratsam, eine von ihnen ohne
dringende Not in unfreundliche Beziehungen zu Frankreich
zu setzen; dies würde aber unfehlbar der Fall sein, sobald
Preußen seinerseits eine Abänderung des Handelsvertrages
beantragte. Wenn Preußen von der mühsam errungenen,
seit Jahren verteidigten und durch das Zutreten der deutschen
Zollverbündeten neuerlich befestigten Position jetzt einen Rück-
zug antreten wollte, so könnte das nicht verfehlen, in Frank-
reich Erstaunen und Besorgnisse hervorzurufen. Man würde
dort annehmen, daß nur weitgreifende politische Konzessionen
Oesterreichs an Preußen dieses zu einem so freundlichen Auf-
treten bestimmen könnten: man würde die preußischen Zu-
mutungen, als dem französischen Interesse widersprechend, rund
ablehnen, und die handelspolitische Lage wäre um nichts
gebessert, die politische erheblich verschlechtert. Ich glaube
deshalb Ihnen meine Ansicht nicht vorenthalten zu können,
daß es für Preußen nur zwei Wege gibt, zu der gewünschten
Abänderung des französischen Handelsvertrages zu gelangen,
nämlich entweder in Folge einer direkten Verständigung Oester-
reichs mit Frankreich, oder durch Verhandlungen à trois
mit Oesterreich und Frankreich gemeinschaftlich, wozu Preußen
bereit sein würde.“
Abgesehen von diesen materiellen Differenzpunkten über
die Grundlagen der gewünschten Verhandlungen, sagte Bis-
marck die tunlichste Beschleunigung der Einleitung derselben zu.
Daß aber eine Mitwirkung der beteiligten beiden inneren
Ministerien nicht ausgeschlossen werden könne, hob er bei
dem Grafen Rechberg ausdrücklich hervor, und bat ihn auch
gleichzeitig, der Sache bis zur Rückkehr des Ministerial-Di-
rektors Delbrück nach Berlin um den 8. August, Anstand zu
geben.