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Bernhardi: „Fach-Minister ließen sich allenfalls finden;
es käme jetzt vor allem auf den Minister der Auswärtigen
Angelegenheiten an, und der wäre kaum zu finden; der
fehlt.“
Bismarck: „Eben! so ist es! — und wer sollte dieser
Minister sein? — Usedom? — Der ist ein Konversations-
Minister; ein liebenswürdiger Feuilletonist, eine geistreiche
Dame. Oder etwa Goltz? — Nun, der ist zänkisch und
schwankend. Er weiß sich mit niemand zu vertragen und
sieht die Dinge von einem Tag zum andeen in sehr verschie-
denem Licht; bald überschwenglich zuversichtlich und hoffnungs-
voll, bald wieder ganz entmutigt, himmelhoch jauchzend, zum
Tode betrübt — so sind seine Berichte aus Paris von einer
Woche zur anderen verschieden wie Tag und Nacht. Außerdem
könnte ein liberales Ministerium den König, der ihm nie
ganz trauen würde, noch weniger als ich zu den energischen Ent-
schlüssen, bewegen, die gefaßt werden müssen, und die Sache
würde an dem König scheitern.
Ueberzeugen Sie die Leute, mit denen Sie sprechen, nur
ja vor allen Dingen davon, daß die Forderung einer Bundes-
reform, die ich ausgesprochen habe, keineswegs „ein Not-
schuß“ ist; nicht etwa ein bloßes Auskunftsmittel, zu dem
ich in der Verlegenheit gegriffen habe, um herauszukommen,
sondern: ein Programm. Die Bundes-Reform ist ein Plan,
der bei mir schon lange feststeht, seitdem ich politisch mündig
geworden bin. — Politisch mündig bin ich allerdings nicht
gewesen, als ich vom Lande aus in das öffentliche Leben
eintrat. Damals habe ich mir das Wesen der konservativen
Interessen und die Politik Oesterreichs ganz anders gedacht,
als sie sind; ich habe geglaubt, daß ein redliches Zusammen-
gehen mit Oesterreich möglich und die Bedingung der Macht
und Sicherheit Deutschlands und der Ruhe Europas seien.
Aber als Gesandter am Bundestag habe ich mich bald über-
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck", Band I. 12