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die Kammer, andererseits die Krone hartnäckig gezeigt. In
diesem Konflikt bin ich dem Könige gefolgt. Meine Verehrung
für ihn, meine ganze Vergangenheit, alle meine Familientra=
ditionen machten mir eine Pflicht daraus; daß ich aber von Na-
tur aus oder aus System ein Gegner der Nationalvertretung, der
geschworene Feind des Parlamentarismus sei, das ist eine ganz
willkürliche Unterstellung. Ich habe mich nicht vom Könige
trennen wollen, als er mit der Berliner Kammer im Streite
lag, als die Berliner Kammer eine Politik durchkreuzte, welche
sich Preußen als eine Notwendigkeit ersten Ranges aufdrängte.
Niemand aber ist berechtigt, mir die Beleidigung zuzufügen, als
gedächte ich mit einem Parlamentsprojekt Deutschland zu mysti-
fizieren. An dem Tage, wo nach Erfüllung meiner Aufgabe
meine Pflichten gegen meinen Souverän sich mit meinen
Pflichten als Staatsmann schlecht vertragen würden, könnte ich
den Entschluß fassen, zurückzutreten, ohne daß ich deshalb mein
Werk verleugnen müßte. — Ich wünsche Sie wiederzusehen und
noch mit Ihnen zu plaudern. Kommen Sie doch morgen und
speisen Sie mit uns in Familie. Es ist dies die einzige Stunde
bei Tag bund bei Nacht, wo ich mir in etwas selber angehöre;
jetzt muß ich arbeiten, bis die Sonne meine Lampe auslöscht.“
Berlin, den 8. Juni 1866.
Unterredung mit dem Dänen Julius Han-
sen, betreffend Preußens Ziele in Nord-
deutschland, Zurückweisung der französfi-
schen Wünsche nach der Rheingrenze, die
nordschleswigsche Frage.-)
Nach Berlin zurückgekehrt, richtete Hansen einige Zeilen
an Bismarck, worin er denselben um eine Unterredung bat.
Als Antwort erhielt derselbe eine Visitenkarte desselben, auf
welcher von seiner eigenen Hand ein Zusammentreffen auf
dem Bureau des letzteren an demselben Abend 8 Uhr ange-
geben war.
) Hansen, A trarers la diplomatie, Seite 58—60, Les
coulisses de la diplomatie, Seite 83.