— 201 —
und die Neutralität Kurhessens oder doch der dortigen Truppen
sicher zu stellen, sei es durch Beeinflussung des Kurfürsten, sei
es unabhängig von diesem. „Wenn Sie, wie Sie sagen, nur
mit dem fahrplanmäßigen Zug reisen wollen, kommen Sie
zu spät, um den Krieg zwischen Preußen und Hessen zu
hindern und den Fortbestand des Kurstaates zu sichern. Wenn
die Oesterreicher siegen, so werden Sie immer vis major
geltend machen können, die neutrale Haltung Kurhessens kann
diesem vielleicht sogar preußische Landesteile einbringen; wenn
Preußen aber siegt, nachdem der Kurstaat sich geweigert hat,
neutral zu bleiben, so wird er nicht fortbestehen. Der hessische
Thron ist immer einen Extrazug wert.“
Der Prinz: „Wir sehen uns wohl noch einmal in diesem
Leben wieder, und 800 000 gute österreichische Truppen haben
auch noch ein Wort mitzureden.““)
Berlin, den 16. Juni 1866.
Unterredung mit dem Geh. Rat DTuncker,
betreffend die Entsendung des Letzteren als
Zivilkommissär nach Kurhessen.“)
Bismarck hielt Duncker für die geeigneteste Persönlich-
keit, die Interessen Preußens in Kurhessen zu wahren und
in dem okkupierten Lande den Uebergang zu einer neuen Ord-
nung der Dinge vorzubereiten. Er bot Duncker an, als Zivil-
kommissär nach Kassel zu gehen und sich für diese Sendung
den Urlaub des Kronprinzen zu erbitten. Bismarck erfuhr erst
jetzt, daß Duncker eines solchen Urlaubes nicht mehr bedurfte,
*) Vgl. über diese Unterredung noch Sybel a. a. O. Bd. IV
S. 439 und über eine bei dieser Gelegenheit Bismarck fälsch-
licher Weise in den Mund gelegte Boutade. „Si PEmpereur
me fait des difficultés, ie lui flanque quelque chose
sur le Rhin, mais je garde Cassel et Hanovre“. GEraf Vitz-
thum von Eckstädt, London, Gastein, Sadowa, S. 293. Diese
Quelle kann keinen Anspruch auf Verlaß erheben.
*) Haym „Das Leben Max Dunckers“, S. 385.