— 205 —
Berlin, Ende Juni 1866.
Aeußerungen Bismarcks nach verschiedenen
Gewährsmännern.
Gegen Mittag, als die Schlacht von Königsgrät bereits
im Gange war, fiel Bismarck und Moltke die Aufgabe zu,
die Absicht des Königs, den Befehl zum Rückzug zu geben,
der eine Niederlage bedeutet hätte, zu hintertreiben.
Bismarck: „Dann attackiere ich mit dem ersten besten
Kavallerie-Regiment und lasse mich tot schießen, denn dann
ist alles perloren 1%)
Auf dem Schlachtritt des Königs hatte dieser seine ganze
Aufmerksamkeit auf den Gang des Kampfes gerichtet und er
achtete nicht auf die ihn dicht umsausenden Granaten.“) Auf
Bismarcks wiederholte Bitte, der König möge sich nicht so rück-
sichtslos dem mörderischen Feuer aussetzen, erhielt er die Ant-
wort: „Der oberste Kriegsherr steht dort, wohin er gehört!“
Erst später, als der König beim Dorfe Lipa persönlich das Vor-
gehen der Kavallerie befohlen hatte und die Granaten wieder
um ihn herum niederfielen, bat Bismarck aufs Neue: „Da
Sie keine Rücksicht auf Ihre Person nehmen, so haben Sie
wenigstens Mitleid mit Ihrem Ministerpräsidenten, von dem
Ihr getreues preußisches Volk seinen König fordern wird;
im Namen dieses Volkes bitte ich, verlassen Sie diese gefähr-
liche Stelle!“
„Nun, so lassen Sie uns weiter reiten.“ Der König
wandte auch wirklich seine Rappstute und setzte sich in
6.) Graf Vitzthum von Eckstädt a. a. O. S. 232.
*#.) Die nachfolgende Darstellung beruht auf einer Erzählung
Bismarcks, cf. Die „Kölnische Zeitung“ Nr. 92 vom 3. April
1877 I. Blatt. Vgl. über die Unterredung Bismarcks mit dem
König auch Georg Hesekiel „Das Buch vom Grafen Bismarck“
S. 328. Nach Loftus, „Diplom. reminisc.“ Bd. I, 2. Abt.
S. 84 sagte Bismarck zu dem König in Anspielung auf die um-
herfliegenden Kugeln: „Glauben Ew. Moajestät, daß es Schwal-
ben sind?“