— 257 —
bach zurückgekommen. Ich habe aber Politik zu treiben, nicht
bloßem persönlichem Gefühl und Familienreminiszenzen Rech-
nung zu tragen, auch liegt mir nicht ob, die Rolle der Nemesis
für gegen Preußen begangene Sünden zu übernehmen, dazu
mag sich der König an seinen Hausminister wenden. Ich
beharre deshalb bei meinem Projekte und mache Bayern
folgenden Vorschlag: „Bayern bezahlt eine Kriegskostenent-
schädigung von 30 Millionen und tritt in der Form einer
Grenzregulierung die Distrikte Gersfeld und Orb an Preußen
ab; der Ertrag der Orber Walddomänen wird nach 5 Pro-
zent kapitalisiert und an der Kriegskostenentschädigung in Ab-
zug gebracht.“
Die bayerischen Unterhändler erklärten sofort die An-
nahme dieses Antrages, welcher am folgenden Tage in einem
unter Vorsitz des Königs abzuhaltenden Ministerrat diesem
zur Annahme empfohlen werden sollte. Bismarck sprach dabei
seinen Entschluß aus, die Entscheidung nötigenfalls zur Ka-
binettsfrage zu machen! Am 21. August um 6 Uhr, als
die bayerischen Unterhändler noch bei Tisch saßen, kam Bis-
marck zu Pfordten und erklärte ihm, daß obiger Vorschlag
nach zweistündigem Kampfe vom Könige genehmigt worden
sei, jedoch mit dem erschwerenden Zusatze, daß ein Abzug
für die Domänen nicht stattfinden dürfe, die 30 Millionen
vielmehr voll bezahlt werden müßten. Es wurde dabei die
Zusicherung erteilt, daß man auf vollständige Abtretung bei-
der Gebietsteile nicht bestehen, vielmehr Bayern eine günstigere
Abgrenzung zulassen werde. «
Berlin, den 22. August 1866.
Unterrebung mit den bayerischen Unter-
händlern, betr. die Unterzeichnung des
Friedensvertrages mit Bayern.“)
Um halb 11 Uhr wurden Pfordten und Bray Steinburg
zur Unterzeichnung der Verträge zu Bismarck beschieden.
*) Aus dem Leben des Grafen Otto von Bray-Steinburg,
„Deutsche Revue“ 1900, Bd. III S. 40.
u. Poschinger, „Also sprach Bismarck“, Band I. 17