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richte mit großer Aufmerksamkeit gelesen. Ich weiß schon,
was Sie sagen wollen. Sie denken, der Ministerpräsident
ist 1866 nicht kriegsschen gewesen; warum war er es denn
jetzt, wo er den Sieg sicher hatte? Das ist richtig. Kriegsschen
bin ich nie, wenn ich die Notwendigkeit für mein Vaterland
kenne, Krieg zu führen. Diese Notwendigkeit lag 1866 vor.
Eine andere Möglichkeit, die jahrhundertealten Konflikte mit
Oesterreich zu lösen, gab es nicht. Nachdem dies aber geschehen,
wurde der Frieden ein ebenso unbedingtes Erfordernis. Denn
ich kann nicht, nur weil Frankreich schwach ist, zu einem Kriege
raten. Niemals werde ich zum Kriege herausfordern, weil
wir die Stärkeren sind, und um die Gelegenheit zu benutzen,
einen späteren Krieg wirklich zu vermeiden. Ich trage dem
Könige, dem Vaterlande und Gott gegenüber die Verant-
wortung für die schweren Opfer, die jeder Krieg dem Lande
auferlegt.“
Paris, den 5. Juni 1867,
Aeußerung zu dem Admiral Jurien de la
Gravière über Bismarcks Empfang in
Paris.
Der Kaiser hatte den Admiral Jurien de la Gravidre
beauftragt, sich ganz besonders mit Bismarck zu beschäftigen,
indem er darauf rechnete, daß seine Unterhaltung den Premier-
minister von unangenehmen Kundgebungen, die man auf dem
Wege vom Nordbahnhof bis zu den Tuilerien befürchtete,
ablenken würde. Der Wagen, in dem die beiden Herrscher
sich befanden, wurde mit dem Rufe: „Es lebe der Kaiser!“
begrüßt; der zweite, in dem der General Moltke saß, fuhr
unbehelligt vorbei, aber als man in dem dritten die hohe Ge-
stalt Bismarcks in der Uniform der Kürassiere bemerkte,
wurden Töne des Mibfallens und Pfeifen hörbar.
„Ich bin Ihnen sehr verbunden, Herr Admiral,“ sagte
er zum Admiral Jurien, der sich bemühte, seine Aufmerk-