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Berlin, den 26. Januar 1859.
Unterredung mit dem Prinzregenten über
den Petersburger Gesandtenposten und
das Ministerium der neuen Aera.“
Nachdem Bismarck aus scherzhaften Anspielungen eines
Hofbeamten entnommen hatte, daß seine schon mehrmals ge-
plante Versetzung von Frankfurt nach Petersburg erfolgen
werde, begab er sich zum Prinz-Regenten.
„Ich höre, daß ich nach Petersburg versetzt werden soll,
und bitte um die Erlaubnis, mein Bedauern darüber auszu-
sprechen, in der Hoffnung, daß es noch rückgängig gemacht
werden kann.“
„Wer hat Ihnen das gesagt?“
Bismarck: „Ich würde indiskret sein, wenn ich die Person
nennen wollte; ich habe es aus dem Jesuittenlager gehört,
mit dem ich alte Fühlung habe, und ich bedauere es, weil ich
glaube, in Frankfurt, in diesem Fuchsbau des Bundestages,
dessen Ein= und Ausgänge ich bis auf die Notröhren kennen
gelernt habe, brauchbarere Dienste leisten zu können, als
irgend einer meiner Nachfolger, der die sehr komplizierte Stel-
lung, die auf den Beziehungen zu vielen Höfen und Ministern
beruht, erst wieder kennen lernen muß, da ich meine achtjährige
Erfahrung auf diesem Gebiete, die ich in bewegten Zuständen
gemacht, nicht vererben kann. Ich kenne jeden deutschen Für-
sten und jeden deutschen Minister und die Höfe der bundes-
fürstlichen Residenzen persönlich und erfreue mich, so weit es
für Preußen erreichbar ist, eines Einflusses in der Bundesver-
sammlung und an den einzelnen Höfen. Dieses erworbene und
erkämpfte Kapital der preußischen Diplomatie würde zwecklos
zerstört durch meine Abberufung von Frankfurt. Die Ernen-
nung von Usedom wird das Vertrauen der deutschen Höfe
*) Bismarck, „Gedanken und Erinnerungen“, Bd. I S. 202
und 210.