— 46 —
Ihre Aussprache darbietet; aber ich muß mich von dem Heere
der Dolmetscher befreien, die sich an meine Fersen
heften, die jede meiner Bewegungen erspähen, die den ge-
ringsten Gedanken erraten. Ich habe sie satt bis an den Hals!“
Alexejeff brachte seinem hohen Schüler zuerst das russische
Abc und die Aussprache der einzelnen Laute bei. Einige der
letzteren erregten Bismarck derart, daß er mit dem Fuße
stampfte und sie verwünschte, aber schließlich lernte er sie doch.
Um ihm die Verbindung schwieriger Silben beim Aussprechen
zu erleichtern, ließ ihn Alexejeff folgenden Satz oftmals wieder-
holen: ·
„Ot topota kopyit pyil po poliou lyit“.
was Bismarck so außer sich brachte, daß er rief: „Kann
sich überhaupt jemand auf Erden finden, diese Worte auszu-
sprechen! Es ist wahr, die Sprache hat keine Knochen, zer-
brechen kann man sie nicht, wohl aber verstauchen. Welche
Silben diese „moujiks“ erfunden haben! Ein einziger von
diesen Lauten genügt, um einem die Lust vergehen zu lassen,
Russisch zu lernen.“ Nichtsdestoweniger zeigte sich Bismarck
als eifriger Schüler und einige Monate später übersetzte er
einen Roman Turgeniew's „Ein Nest von Edelleuten“ ins
Deutsche.“)
*) Am russischen Hofe machte Bismarck ein Geheimnis aus
seinen Studien. Eines Tages aber, als bei einem offiziellen Diner
im Winterpalaste Kaiser Alexander der Zweite mit dem Fürsten
Gortschakow russisch sprach, bemerkte er, daß Bismarcks Blick
auf ihnen haftete. „Verstehen Sie russisch?“ fragte der Kaiser
echne Umschweife. „Ein wenig, Moajestät.“ — „Lernen Sie unsere
Sprache schon lange?“ — „Seit kaum vier Monaten, Moje-
stät,“ antwortete Bismarck auf russisch. Alexander der Zweite
beglückwünschte den Gesandten zu seinem Sprachtalent und ließ
ihn durch den Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch einem kleinen
Sprachexramen unterwerfen. Bismarck soll später geäußert haben,
er bercue es bitter, sich vorzeitig verraten zu haben.