Full text: Also sprach Bismarck. Band I. 1846 - 1870. (1)

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auch zu Bruch und Krieg überzeugt ist. Der Glaube an 
solche Möglichkeit ist in dem letzten Jahrzehnte der preußischen 
Politik in Wien verloren gegangen, man hat sich dort auf der 
in Olmütz errungenen Basis als auf einer dauernden eingelebt 
und nicht gemerkt, oder vergessen, daß die Olmützer Konvention 
ihre Rechtfertigung hauptsächlich in der vorübergehenden Un- 
gunst der Situation Preußens fand, die durch die Verzettelung 
der Cadres und durch die Tatsache hervorgerufen war, daß 
das ganze Schwergewicht der russischen Macht zur Zeit jener 
Konvention in die Wagschale Oesterreichs gefallen war, wohin 
sie nach dem Krimkriege nicht mehr fiel. Die österreichische 
Politik Preußen gegenüber ist aber nach 1856 ebenso anspruchs- 
voll geblieben, wie zu der Zeit, wo der Kaiser Nikolaus für 
sie gegen Preußen einstand. Preußen hat sich der österreichi- 
schen Illusion in einer Weise unterworfen, welche an das Experi- 
ment erinnert, ein Huhn durch einen Kreidestrich zu fesseln. 
Die österreichische Zuversicht, ein geschickter Gebrauch der Presse, 
und ein großer Reichtum an geheimen Fonds ermöglichte dem 
Grafen Buol die Aufrechterhaltung der österreichischen Phan- 
tasmagorie und das Ignorieren der starken Stellung, in der 
Preußen sich befinden wird, so bald es bereit ist, den Zauber 
des Kreidestriches zu brechen.“ 
Berlin, den 10. April 1860. 
Unterredung mit dem General-Adiutanten 
von Gerlach, betrefkend die politische Lage.) 
Der Generaladjutant v. Gerlach besprach mit Bismarck, 
der krank war und erbärmlich elend aussah, die politische Lage. 
Bismarck bemerkte: „Zunächst hätte Preußen mit 
Piemont gehen und dieses gegen Frankreich und Oesterreich 
gekehrte Reich verhindern sollen, Savoyen abzutreten. Dies 
wäre die Bedingung der Allianz gewesen.“ 
*) Gerlach, „Denkwürdigkeiten“, Bd. II S. 721.
	        
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